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Journalisten lassen des Web 2.0 links liegen

Medienmacher 2014: Journalistenumfrage zeigt geringen Social-Media-Einsatz in der Recherche

„Jeder will gehört werden, keiner will zuhören“ – so beschrieb mir ein Kollege kürzlich seinen Eindruck von so manchen öffentlichen Diskussionen im Web 2.0. Mit diesem Satz scheint er unbeabsichtigt auch die Einstellung vieler Journalisten zu Social Media getroffen zu haben.

Denn: Nur für weniger als ein Drittel befragter Journalisten sind Dienste wie Facebook, Google+ und Twitter wichtig für die Recherche – aber 79 Prozent von ihnen verbreiten ihre eigenen journalistischen Inhalte über das Web 2.0.

Mit anderen Worten: Für die Journalisten scheint das Social Web wichtig zu sein, um andere zu informieren, aber unwichtig, um selbst Informationen zu bekommen. Dieses Bild der Deutschen Presse zeichnet die Studie „Medienmacher 2014 – Recherche, Qualitätsanspruch und Finanzierung im digitalen Alltag“, die die Bitkom Research GmbH im Auftrag der Firma DWPub erstellt hat, die ihren Recherchedienst ResponseSource an den Mann bringen will, der Journalisten und PR-Leute in Expertenfunktion zusammenbringen soll.

Hier die wichtigsten Detailergebnisse der Studie zum Web 1.0 und 2.0 Einsatz durch Journalisten:

E-Mail und Suchmaschinen sind die zwei wichtigsten Internet-Dienste, die Journalisten für ihre Recherchen nutzen. 93 Prozent der Befragten geben an, E-Mail sei wichtig für ihre Recherchen, 90 Prozent sprechen dies den Suchmaschinen zu. (OK, das ist nicht wirklich überraschend.)

Social Media spielt für die Recherchen bisher nur eine nachrangige Rolle:

Für 29 Prozent der befragten Journalisten sind Soziale Netzwerke wie Facebook, Google+ und Twitter wichtig für die Recherche, für 18 Prozent trifft dies auf Chats, Blogs, Foren und Ähnliches zu, und nur für 11 Prozent sind Business-Netzwerke wie Xing und LinkedIn wichtig für die Recherche.

Bei der Bedeutung der Sozialen Netzwerke gibt es ein deutliches Altersgefälle: Für 46 Prozent der Journalisten unter 35 Jahren sind sie wichtig für die Recherche – aber nur für jeden fünften befragten Journalisten zwischen 55 und 65 Jahren.

 

Quelle / ©: www.responsesource.de/presse/
Quelle / ©: www.responsesource.de/presse/

 

Anders als bei der Recherche spielen Soziale Medien bei der Verbreitung der Inhalte eine große Rolle:

Mit 49 Prozent verbreitet fast die Hälfte der Befragten ihre journalistischen Inhalte immer oder häufig im Web 2.0, weitere 30 Prozent tun dies zumindest selten oder gelegentlich.

Am häufigsten benutzen die Journalisten dafür Facebook oder Twitter.

 

Quelle / ©: www.responsesource.de/presse/
Quelle / ©: www.responsesource.de/presse/

 

Und: 38 Prozent der Befragten würden kein Geld für die Online-Ausgabe ihres eigenen Mediums bezahlen. Ein trauriger Dämpfer für die schwierige Suche nach einem tragfähigen Finanzierungsmodell für den Online-Journalismus.

Allerdings lohnt genaueres Hinsehen: Diesem Bezahlen sind vor allem Journalisten aus dem Bereich Fernsehen und Hörfunk abgeneigt – also aus Medien, die in der Regel gebühren- und / oder werbefinanziert sind. Bei Zeitungs– und Agenturjournalisten sind es hingegen je weniger als ein Drittel.

 

Doch welchen Schluss sollten Social Media Manager und PR-Verantwortliche aus diesen Zahlen ziehen?

In erster Linie: Bei eigenen Inhalten, die man gern in der Presse sehen möchte, sollte man zum Verbreiten nicht allein auf Social Media setzen – die gute alte Pressemeldung, verschickt per E-Mail, auffindbar per Google, hat noch lange nicht ausgedient.

Dabei ist es durchaus legitim, das gleiche Thema auf unterschiedlichen Wegen zu verbreiten – aber bitte nicht einfach eine PI per Copy & Paste in den Corporate Blog schieben (oder umgekehrt). Sondern das Thema immer für den jeweiligen Kanal (und seine Leserschaft) passend aufbereiten.

 

Lassen Sie mich am Ende noch ein paar Haare spalten:

Diese Zahlen sollten nur als Trendaussage verstanden werden, nicht als genauer Wert. Die Umfrage ist nicht repräsentativ und beansprucht dies auch nicht.

Bei Umfragen unter Journalisten ist es auch schon schwer, überhaupt zu definieren, was repräsentativ wäre. Denn es ist schwer zu fassen, wie groß die Grundgesamtheit eigentlich ist, und wer dazugehört und wer nicht. Selbst wenn man sich, wie die Studie, auf hauptberufliche Journalisten in Deutschland beschränkt. Denn schon bei der Frage, wie viele hauptberufliche Journalisten es in Deutschland gibt, schwanken auch seriöse Zählversuche schon zwischen 48.000 und 160.000, je nachdem, wer mitgezählt wird und wer nicht (Fotojournalisten? Redakteure im Bereich Corporate Publishing? Moderatoren? Journalisten, die PR-Arbeit machen? Angestellte? Freie?). Außerdem scheinen bei Umfragen Zeitschriftenjournalisten überdurchschnittlich häufig zu antworten, Rundfunkjournalisten hingegen eher unterrepräsentiert zu sein.

Roland Heintze
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