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Krisen-PR: Lego wird immer brutaler

Umsatzrekorde mit immer mehr Waffen in den Lego-Bausätzen

Krisen-PR lego2Lego ist nicht mehr unschuldig. Immer mehr Waffen tauchen in den bunten Bausätzen auf. Warum Lego mit dieser Strategie eine gefährliche Gratwanderung begeht, lesen Sie hier.

Lego ist in ein Wettrüsten mit Handy- und Spielekonsolenherstellern eingetreten. Ein Forscherteam an der Universität von Canterbury hat nachgewiesen, dass der Anteil von Waffen und kriegsähnlichem Gerät im Lego-Sortiment beständig zunimmt. „Die Produkte der Lego-Company sind nicht so unschuldig, wie sie sein sollten“, berichtet der Forscher Christoph Bartneck. Er hat die Kataloge von 1978 bis 2014 ausgewertet.

1978 gab es erstmals Waffen bei Lego: Schwert, Hellebarde und Lanze. 1989 folgten Piraten mit Handfeuerwaffen und Kanonen. Seitdem hat sich die Aufrüstung in den Lego-Baukästen deutlich verschärft: Heute, so die Forscher, enthalten 30 Prozent der Lego-Sets Waffen. Gleichzeitig inszeniert der Klötzchen-Hersteller immer offener die Kampfszenen; 40 Prozent der Katalogseiten enthalten inzwischen irgendeine Form von Gewalt.

Das passt nicht zur selbst bekundeten Verantwortung von Lego:

All children have the right to fun, creative and engaging play experiences. Play is essential because when children play, they learn. As a provider of play experiences, we must ensure that our behaviour and actions are responsible towards all children and towards our stakeholders, society and the environment. We are committed to continue earning the trust our stakeholders place in us, and we are always inspired by children to be the best we can be.

Krisen-PR Lego3Die Dänen schaffen sich mit dieser vollmundigen Selbstverpflichtungen eine gefährliche Fallhöhe.

Selbstdarstellung und Realität passen nicht mehr zusammen. Auf dem Lego-Verantwortungsbericht spielt ein Junge in sich selbst versunken mit einer bunten Lego-Eisenbahn. Die Klötzchen-Company bedient damit die schöne heile Welt – die Traumwelt von Eltern. Wer jedoch ins Lego-Regal im Spielwarenhandel schaut, sieht die andere Welt mit Bionicles und Star Wars-Schwertern.

Die Unternehmensstrategie von Lego beruht offensichtlich weiterhin darauf, dass Lego das gute und pädagogisch wertvolle Spielzeug ist, das verantwortungsvolle Eltern unbesorgt kaufen können.

Die Lego-Kommunikatoren leisten damit einen gewagten Spagat. So lange kein Unmut über diesen Kundenbetrug ausbricht, ist die unerfüllte Selbstverpflichtung kein Problem. Kocht allerdings dieses Thema hoch, sind empfindliche Imageschäden zu befürchten. Das mag angesichts der vielen Spielzeugwaffen von anderen Herstellern in den Geschäften unfair sein, doch in diesem Fall träfe Lego das Papst-Phänomen: Männern wird eine heiße Affäre nachgesehen, nur nicht dem Papst, denn der hat sich eindeutig anders positioniert – frei von Sünde. Lego geriert sich auch „frei von Sünde“ und ist deshalb mit seinem breiten Waffensortiment in der Baustein-Welt schlicht falsch positioniert.

Es obliegt der Lego-Geschäftsführung, wie mit diesem Risiko umgegangen wird. Drei Strategien sind möglich:

  1. Das Imagerisiko wird als unwahrscheinlich eingestuft, so dass Änderungen an der Geschäftspolitik nicht nötig sind.
  2. Die Selbstverpflichtung wird entschärft und auf Punkte fokussiert, in denen Lego tatsächlich vorbildlich ist, wie zum Beispiel dem Umweltschutz.
  3. Das Produktsortiment wird ausgekämmt und von Waffen befreit. Allein das Auslisten der vielfältigst bewaffneten Bionicles wäre schon ein großer Fortschritt.

Topmanager drücken sich gerne um diese Entscheidung. Schließlich weiß niemand, was die wirklich beste Entscheidung ist. So bleibt alles, wie es ist – bis die Bombe platzt. Dann kommt die Sternstunde der Krisenkommunikatoren.

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
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