Krisen-PR: Wann dem Pressesprecher Knast droht - Faktenkontor Krisen-PR: Wann dem Pressesprecher Knast droht - Faktenkontor

Krisen-PR: Wann dem Pressesprecher Knast droht

Porsche-Prozess könnte die Arbeit von Pressesprechern drastisch verändern

krisen-pr porscheAnton Hunger ist als Kommunikationschef bei Porsche einer der herausragenden Pressesprecher in Deutschland gewesen. Nun wartet er auf seine Gerichtsverhandlung wegen Beihilfe zur Marktmanipulation. Er soll Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Finanzvorstand Holger Härter bei der Manipulation des VW-Kurses unterstützt haben. Wenn er verurteilt wird, wäre das ein Präzedenzfall und die Risiken für Pressesprecher würden deutlich steigen. Lesen Sie hier warum.

Hunger soll seine damaligen Chefs Wiedeking und Härter bei ihren Straftaten unterstützt haben, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Es geht um die Verletzung von Mitteilungspflichten bei der versuchten Übernahme von VW durch Porsche.

„Hunger soll als Pressesprecher die falschen Dementis zur beabsichtigten VW-Übernahme ‚auf Grundlage einer mit den Vorständen im Februar 2008 abgestimmten Kommunikationsstrategie vorbereitet und zur Veröffentlichung freigegeben haben‘. Dabei geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Hunger stets über die Absichten des Vorstands Bescheid wusste“, berichtet die Wirtschaftswoche.

Werden Wiedeking und Härter freigesprochen, entfällt auch der Beihilfevorwurf gegen ihren Sprecher. Falls nicht, kommt wohl auch Hunger vor Gericht, und das wird die Arbeit aller Kommunikatoren in kritischen Situationen verändern. Denn Pressesprecher sind die offiziellen Absender von Presseinformationen, sie treten vor Journalisten, um ihre Botschaften zu verbreiten, und sie erarbeiten ausgeklügelte Kommunikationsstrategien für ihre Chefs. Sollte Hunger verurteilt werden, müssten Pressesprecher zum Eigenschutz akribisch darüber nachdenken, was sie verbreiten und zu welcher Kommunikationsstrategie sie raten.

Es gibt bereits Experten, die prognostizieren, dass Pressemitteilungen mit der Rechtsabteilung besprochen und dem Vorstand zur Entscheidung vorgelegt werden. Pressesprecher müssten sich dann davor hüten, eigenmächtig über die Inhalte der Kommunikation zu entscheiden. Die Zeit für „kreative Gestalter“ in der Krise wäre dann vorbei, die es verstehen, im richtigen Moment mit schnellen Reaktionen und Mut zu pointierten Aussagen die Berichterstattung zu drehen.

Angesichts des gestiegenen Risikos müssten Pressesprecher obendrein mit ihrem Topmanagement darüber verhandeln, inwieweit das Unternehmen Rechtschutz bei einer Verfolgung durch Strafverfolgungsbehörden sicherstellt – so, wie es für Geschäftsführer und Vorstände heute schon üblich ist.

Jörg Forthmann

P.S.: Lesen Sie auch „Ethik-Rat rügt PR-Agentur und Kunden für Fake-Jubelpostings“

P.S.: Springer professional hat eine schöne Ergänzung zum Thema geliefert.

Jörg Forthmann
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2 Comments

  1. Na ja, ich würde als erstes mal den Finger vom Alarmismus-Knopf nehmen. Schwierige Themen sichert man seit jeher rechtlich ab, das ist nichts Neues. Und die These der StA im Falle Hunger ist sehr gewagt, diese Beweisführung muss sie erst mal schaffen. Da würde ich mir wenig Sorgen machen, Herr Hunger tut das auch nicht. Da gibt´s also keinerlei Einschränkungen für schnelle und gute Kommunikation. Ansonsten gilt Trumans Satz: “If you can’t stand the heat, get out of the kitchen.”

    1. Hallo Herr Dr. Plöger,
      schön, wieder von Ihnen zu hören! In der Tat ist es bis zu einer etwaigen Verurteilung von Herrn Hunger noch weit – wenn es überhaupt zu einer Verhandlung kommt. Was aber deutlich sichtbar ist, ist das zunehmende Bestreben der Staatsanwaltschaften, Topmanager zu verfolgen. Im Fahrwasser dieses Trends steigen auch Risiken der Kommunikatoren, die oftmals sehr eng und vertrauensvoll in Aktivitäten des Topmanagements eingeweiht sind. Noch fliegen Kommunikatoren unter dem Radar durch. Der Trend zeichnet sich allerdings ab.
      Beste Grüße aus Hamburg
      Jörg Forthmann

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