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Wie sich Rückgrat im Olympia-Skandal lohnt

Sioux-Schuhe kündigt Sponsorenvertrag und wird im Internet gefeiert

krisen-pr-dosbNun ist es also passiert: Der erste Olympia-Sponsor hat lautstark seinen Vertrag gekündigt. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) reagiert sofort mit der ganz großen Keule. Doch der geradlinige Sponsor – Sioux-Schuhe – wird vom Netz und von den Medien gefeiert. Lesen Sie hier, wie sich Rückgrat lohnt.

Sioux ist offizieller Ausstatter der Olympischen Spiele seit 1972. So lange trug das deutsche Olympia-Team bei offiziellen Anlässen, etwa der Eröffnungsfeier, Schuhe des schwäbischen Unternehmens. Vor ein paar Wochen kündigte der Geschäftsführer Lewin Berner den Sponsorenvertrag – und handelte sich postwendend eine harsche Reaktion ein. Der DOSB kündigte den Vertrag mit Sioux fristlos. Sioux habe „die Olympische Bewegung in Misskredit gebracht“. Die Olympioniken trugen Sioux noch beim Einlauf bei der Olympia-Feier in Rio – aber nicht mehr bei der Abschlussfeier. Demonstrativ mussten die Sportler neonfarbene Sneakers von adidas tragen.

Kündigen bevor Krisen-PR nötig wird

Dabei hat Berner berechtigte Gründe für die Kündigung des Sponsorenvertrags: „In den vergangenen Jahren haben sich die olympischen Spiele immer mehr vom eigentlichen Sinn entfernt: Statt vom olympischen Geist werde das Konstrukt Olympia heute rein von kommerziellen Interessen dominiert, einerseits von großen multinationalen Konzernen, andererseits von Spitzen-Sport-Organisationen.“ Deutsche Sportler und Verbände hat er von dieser Kritik zwar ausdrücklich ausgenommen, doch das half ihm nicht. Die internationale Olympia-Maschinerie arbeitete sorgfältig und nagelte den ersten Sponsor, der wegen berechtigter Kritik an den deutlich in Verruf geratenen Spielen seinen Vertrag kündigte, an die Wand.

Wie unsportlich. Ist das die angemessene Reaktion auf sachliche Kritik?“, fragt Berner. Er fürchtet außerdem negative, wirtschaftliche Nachteile für sein Unternehmen: „Um keine Ansatzpunkte für Schadenersatz zu schaffen, etikettieren die Mitarbeiter gerade 60.000 Kartons um, verändern Visitenkarten und Rechnungsvordrucke“, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Aus Anzeigen muss das Olympia-Logo genauso raus wie aus Geschäften und Showrooms. Selbst Ruheständler hat der Mittelständler aktiviert, um die Arbeit zu leisten, denn gerade jetzt muss noch die Herbst- und Winterkollektion ausgeliefert werden.“ Ein mehr als 40jähriges Olympia-Sponsoring hinterlässt tiefe Spuren in einem Unternehmen, die sich rechtssicher nur mit großem Aufwand beseitigen lassen.

Reger Zuspruch für Sioux nach der Kündigung

Dieser Kraftakt ist schmerzhaft für Sioux. Doch das Echo auf seine Aktion ist im Internet überwältigend. Sioux bekommt sehr großen Zuspruch, und obendrein berichten die Medien. Diese Unterstützung zeigt offensichtlich Wirkung: Bei der Eröffnung der Paralympics in Rio de Janeiro tragen die Sportler wieder Sioux-Schuhe. Dem DOSB – so scheint es – ist an einer weiteren Eskalation nicht gelegen.

Ohnehin sind die Olympia-Verbände gut beraten, nicht allzu stark auf ihren langjährigen Sponsoren einzuschlagen. Es ist eine David-Goliath-Konstellation entstanden: Der aufrechte Mittelständler kämpft gegen die riesige Krake Olympia. Eine derartige Konstellation lässt sich kommunikativ nicht gewinnen. Der DOSB täte gut daran, das Thema so leise wie möglich unter den Tisch zu kehren. Bevor andere Sponsoren sehen, dass sie sogar noch Zuspruch ernten, wenn sie dem Moloch Olympia den Rücken kehren.

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
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