Wie Smudo eine Facebook-Pressekonferenz sprengt - Faktenkontor Wie Smudo eine Facebook-Pressekonferenz sprengt - Faktenkontor

Wie Smudo eine Facebook-Pressekonferenz sprengt

Smudo: „Sie laufen hier gerade herum wie eine Kakerlake, wenn das Licht angeht.“

smudo facebook krisen-PR

Eigentlich sollte es eine der schönen Pressekonferenzen werden: Facebook unterstützt die „Counter Speech Tour“ des Vereins „Laut gegen Nazis“. Doch dann attackiert der Rapper Smudo die Chef-Lobbyistin von Facebook Eva-Maria Kirschsieper vor der versammelten Journalistenschar. Was Pressesprecher daraus lernen können, lesen Sie hier.

Das Drama nimmt mit einer einfachen Frage seinen Lauf: „Wie viele Mitarbeiter bei Facebook kümmern sich in Deutschland eigentlich um Hasskommentare?“, fragt ein Journalist. Angesichts der intensiven Diskussion in den vergangenen Wochen, warum Facebook so wenig gegen Hasskommentare unternimmt, ist die Frage wenig überraschend. Noch dazu, wenn es in der Pressekonferenz um Rechtsradikalismus geht. Doch die Facebook-Cheflobbyistin ist offensichtlich nicht sprachfähig und erklärt kurzerhand, dass es bei der Pressekonferenz um ein gänzlich anderes Thema gehe: die „Counter Speech Tour“. Der US-Konzern unterstützt das Projekt, und Kirschsieper ist auf kritische Fragen nicht vorbereitet. Oder hat einen Maulkorb verpasst bekommen.

Der Journalist ist hartnäckig und fragt forsch nach: „Sie kommunizieren nie darüber.“ Jetzt eskaliert die Situation. Smudo sitzt ebenfalls auf dem Podium, um die Aktion vorzustellen. Doch er wechselt die Fronten. „Also ich würde es auch gern wissen“, insistiert der Sänger der „Fantastischen Vier“. Kirschsieper ist hartleibig und windet sich weiter, ohne die geforderte Zahl zu nennen.

Smudo hakt unerbittlich nach. Er würde es wichtig finden, zu wissen, welchen Aufwand Facebook betreibe, um gegen Hass im Netz vorzugehen. Wieder keine Antwort. Der Rapper schießt nun scharf. Es mache keinen guten Eindruck, wie sich die Sprecherin winde und  konstatiert: „Sie laufen hier gerade herum wie eine Kakerlake, wenn das Licht angeht.“

Was können Pressesprecher aus diesem Vorfall lernen?

  1. Die Lobbyistin ist offensichtlich nicht gut auf kritische Fragen vorbereitet gewesen. Wer derart intensiv auf den Umgang mit Hasskommentaren kritisiert wird wie Facebook, muss auf die wichtigsten Journalistenfragen vorbereitet sein. Noch dazu, wenn diese Fragen nicht das erste Mal gestellt wurden. Kirschsieper fehlte eine gute Antwort. Unter dem Druck einer Pressekonferenz lässt sich so eine Antwort oftmals nicht schnell finden. Deshalb rate ich dazu, vor Pressekonferenzen die Liste der zehn gemeinsten Fragen aufzuschreiben, die kommen könnten – und sich darauf vorzubereiten.
  2. Kirschsieper wurde von ihren Mitstreitern auf dem Podium attackiert. Damit wird sie nicht gerechnet haben. Aber konnte sie ernsthaft davon ausgehen, dass sie die volle Loyalität ihrer Mitstreiter hat? Smudo und die „Counter Speech Tour“ haben einen Tag nach der Pressekonferenz eine Gegendarstellung veröffentlicht. Dort heißt es: „Im Internet sehen wir heute Headlines wie ‚Smudo treibt Facebook Sprecherin in die Enge‘ und andere reißerische Headlines, die in keiner Weise das Geschehen der Pressekonferenz wiedergeben.“ Wer sich das Video ansieht, kann das anders sehen.

Wie es deutlich besser geht, zeigt Twitter: „Twitter hat seit Mitte 2015 mehr als 125.000 Konten gesperrt, die überwiegend mit der Terrormiliz Islamischer Staat in Verbindungen standen und deren Inhaber mit terroristischen Anschlägen drohten oder sie befürworteten. Das teilte der Mikroblogging-Dienst mit und nannte damit erstmals die Zahl der betroffenen Konten. Er wies außerdem auf vergrößerte Teams hin, die Meldungen über solche Konten nachgehen, was eine erheblich kürzere Reaktionszeit bewirkt habe.“, meldet zum Beispiel ZDnet.

Jörg Forthmann

P.S.: Vielen Dank an Daniel Caroppo für den Hinweis auf diesen Fall!

Jörg Forthmann
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