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Keine gute Tat bleibt unkommentiert

Miniatur-Wunderland: Gute Reputation durch klare Kante

Es ist schon erstaunlich, zu was für geistigen Verrenkungen scheinbar eher schlicht gestrickte Menschen fähig sind. Als ein solcher outet sich Heinz-Günter, nach eigenen Angaben bislang Fan des Miniatur-Wunderlandes. Die beliebte Hamburger Sehenswürdigkeit hatte im Januar eine besondere Aktion: Kostenloser Eintritt für Bedürftige. Begründungen oder Nachweise waren nicht nötig.

Klingt nach einer prima Aktion, über die sich keiner beschweren kann? Falsch gedacht – denn Heinz-Günter mag zwar Modelleisenbahnen, aber Ausländer mag er nicht. Und deswegen war ihm das kostenlos-für-Leute-mit-zu-wenig-Geld-Projekt des Miniatur-Wunderlandes ein Dorn im Auge.

Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Naja, da geht eben die Gehirnakrobatik los. Denn es gibt ja nicht nur arme Deutsche, sondern auch arme Ausländer. Zum Beispiel unter den Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten. Wer bedürftigen Menschen kostenlosen Eintritt gewährt, lässt also auch Ausländer rein. Was die Bundesregierung ja auch irgendwie tut. Und schon ist es für Heinz-Günter ganz logisch: Die Aktion muss verurteilt werden, das Miniatur-Wunderland gehört am besten boykottiert.

Gut für die Reputation: Screenshot Facebook Hassbrief ans Miniatur-Wunderland
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Das teilte Heinz-Günter dem Miniatur-Wunderland in einem hasserfüllten Brief denn auch mit. Dem fügte er zum Beweis zwei Zeitungsfotos bei, auf denen unter den Besuchern der Modellbahnausstellung doch tatsächlich eine Frau mit buntem Kopftuch und drei Menschen mit dunkler Hautfarbe zu sehen sind. Und wünscht zum Abschied eine „Bombenlose Zeit“.

Für die Betreiber Gerrit Braun, Frederik Braun und Stephan Hertz ein Einschüchterungsversuch, dem sie sich nicht beugen wollen. Sie veröffentlichen den Brief auf Facebook – und fordern ihre Follower auf, Flagge zu zeigen:

 

Screenshot Facebook Antwort Miniatur-Wunderland auf Hassbrief„Das Problem unseres heutigen, virtuellen Zeitalters ist die Tatsache, dass negative Botschaften schnell und leicht „rausgehauen“ werden und zu wenig positives Antworten entgegengesetzt werden. Dadurch entsteht ein völlig falsches Meinungsbild!

Lasst uns gemeinsam Haltung für eine Welt zeigen, die wieder die Menschlichkeit in den Vordergrund stellt.“

 

Erste Erfolgswelle nach dem Post: 15.000 Facebook-Fans teilen die Anti-Hass-Botschaft innerhalb von 17 Stunden, dazu tausende ermutigender und zusprechender Kommentare.

Das löst gleich ein zweite Welle aus: Jede Menge positiver Presse-Resonanz. Hervor sticht vor allem ein aus Reputationsmanagement-Gesichtspunkten exzellentes Interview, das die Brüder Braun dem Spiegel gaben. Darin schiebt Frederik Braun noch einige klare Botschaften nach:

 

„Ein Sohn hatte sich zu Weihnachten als einziges gewünscht, ins Miniatur-Wunderland zu gehen – und die Eltern konnten es sich nicht leisten, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Und jetzt standen sie da und beide Eltern haben geheult. Mir stiegen auch die Tränen in die Augen. Für solche Momente hätten wir eigentlich bezahlen müssen.“

„Unternehmen, die eine ähnliche Situation haben – also Tierparks, Museen und so weiter – kann ich nur sagen: Macht das auch. Ihr verliert nichts. Ihr gewinnt nur.“

 

Auf das Interview folgen nicht nur zahlreiche weitere unterstützende Kommentare – auch der Aufruf zum Nachahmen trifft auf offene Ohren.

Im Hinblick auf die Reputation von Unternehmen und Unternehmern ein ausgezeichnetes „best practice“. Denn zu den Erwartungen der Gesellschaft an Unternehmen in unserer Zeit gehört, dass sie auch eine Vorbildfunktion wahrnehmen sollen. Wer dies ignoriert, droht in eine Erwartungs-Realitäts-Lücke zu stolpern.

Das Miniatur-Wunderland ignoriert diese Erwartung nicht, sondern erfüllt sie. Und sie nutzen die richtigen Kanäle, ihre „Kommunikations-Macht“ dazu einzusetzen, andere mitzuziehen und so ein breites Signal auszulösen: Menschlichkeit ist bei uns noch immer mehrheitsfähig.

 

Roland Heintze

 

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Derweil, bei Mediengau: Alles richtig gemacht – nur nicht schnell genug. In der Krisen-PR muss nicht nur der Inhalt stimmen, sondern auch das Timing. Das verdeutlicht Jörg Forthmann am Beispiel Samsung in: Krisen-PR: Der Spion, der doch nicht aus dem Fernseher kam.

 

Roland Heintze
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