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Gastbeitrag: Virtuelle Influencer – PR-Gag oder die Zukunft des Influencer Marketings?

Virtuelle Influencer, auch CGI Influencer genannt, sind computergenerierte Figuren mit einer stark wachsenden Popularität. Auf den ersten Blick ist es nahezu unmöglich zu erkennen, dass diese Influencer keine wirklichen Personen sind, denn sie sehen realen Menschen täuschend ähnlich. Sie teilen in ihren Accounts auf sozialen Medien auch regelmäßig Bilder, die sie mit anderen Influencern oder Prominenten auf Events zeigen. Besucher der Profile dieser Influencer erkennen die wahre Natur dieser Schöpfungen erst, wenn sie etwas genauer hinsehen und in den Kommentaren über das eingeschränkte Empfindungsvermögen dieser Influencer lesen. Einige Branchenexperten klassifizieren virtuelle Influencer als reinen PR-Gag, andere behaupten dieses Phänomen habe ein enormes Erfolgspotenzial.

Die wohl derzeit berühmteste virtuelle Influencerin ist Miquela Sousa, Sängerin, Songwriterin und Model aus den USA mit spanischen und brasilianischen Wurzeln. Auf Instagram ist sie als @lilmiquela bekannt. Das Team hinter Miquela hat ihr Profil im Jahr 2016 erstellt und mittlerweile hat sie mehr als 1,1 Million Follower auf Instagram – die sogenannten „Miquelites“. Im August 2017 hat Miquela ihren ersten eigenen Song „Not Mine“ auf YouTube vorgestellt und seitdem eine Reihe weiterer Songs veröffentlicht. Sie betreibt auch ihren eigenen Kanal auf Spotify.

Weitere bekannte Beispiele aus der virtuellen Influencer-Welt sind @blawko22, ein Enthusiast für Streetwear mit eigenem YouTube-Kanal oder @bermudaisbae, eine 19-jährige Brasilianisch-Amerikanische Influencerin, die Miquelas Instagram Account „gehackt“ und sie öffentlich als virtuelle Simulation entlarvt hat. @shudu.gram wird als „das erste digitale Supermodel“ gefeiert. Virtuelle Influencer gibt es allerdings nicht nur in den USA. Hatsune Miku, ein japanisches Hologramm, hat bereits Konzerte in Tokyo gegeben und Alex Hunter, ein 19-jähriger Charakter aus den EA Sports-Spielen, ist das Gesicht von verschiedenen Adidas Kampagnen.

Virtuelle Influencer in der Modebranche

Die Modebranche ist eine der ersten Industrien, die mit virtuellen Influencern experimentiert. @shudu.gram hat beispielsweise mit Oscar de la Renta und SOULSKY zusammengearbeitet. Miquela ist auch hier sehr präsent: sie hat bereits für Make-Up-Artist Pat McGrath gemodelt, Diesels Fake Pop-Up promotet, Fotos von der Prada-Show während der Mailänder Modewoche veröffentlicht und Editorials und Cover von verschiedenen Magazinen geschmückt.

In einer von Miquelas bisher größten Kampagnen hat Semaine, ein Online-Magazin, kürzlich drei Online Concept-Shops gestartet, die jeweils verschiedene Eigenschaften von Miquela widerspiegeln sollen. Michelle Lu, Mitgründerin von Semaine, hat erklärt, dass sie sich für eine Zusammenarbeit mit Miquela entschieden haben, um das digitale Erlebnis, das Semaine anbietet, auf das nächste Level zu heben. Lu sagt, dass die Kommunikation mit den virtuellen Influencern reibungslos war: „Wir haben mit ihr auf die gleiche Art und Weise interagiert, wie wir es normalerweise mit anderen Influencern tun. Wir haben also ein Interview mit ihr geführt und den von ihr zur Verfügung gestellten Content zusammengetragen. Sie hat dabei genauso viel zu sagen, wie alle anderen auch.“

 

 

Ein Blick hinter die Kulissen …

Manche virtuelle Influencer sind das eher zufällige Ergebnis individueller Hobbyprojekte. @shudu.gram ist beispielsweise die Erfindung des Modefotografen Cameron-James Wilson. Aber die Mehrheit dieser Influencer wurde von Unternehmen geschaffen, um Aufsehen zu erregen. Hinter @lilmiquela, @bermudaisbae und @blawko22 steckt Brud, ein Startup mit Sitz in Los Angeles. Brud wird von einigen der größten Unternehmen der Risikokapital-Szene unterstützt – darunter Sequoia Capital. Es ist nicht offiziell bekannt, wie hoch die finanzielle Unterstützung ist, aber Schätzungen zufolge beträgt das Investment etwa 6 Millionen US-Dollar.

Während Brud die Technologie hinter den drei virtuellen Influencern nicht preisgibt, ist Cameron-James Wilson weniger verschwiegen. Der britische Fotograf hat zunächst mit Blender, einer 3D-Software, begonnen und Objekte wie Kaffeetassen und Donuts modelliert. Nachdem sich seine Kenntnisse verbessert haben, ist er zu Daz 3D, einem beliebten Programm für Spezialeffekte, übergegangen. Zu diesem Programm gehört ein „Asset Store“, in dem er Objekte und Charaktere kaufen und nach seinem Geschmack weiter verändern kann. Nur wenige Zeit später war bereits @shudu.gram geboren.

Sind Marken und virtuelle Influencer eine gute Kombination?

Die Arbeit mit virtuellen Influencern ist für Marken höchstwahrscheinlich ein zwiespältiges Thema. Einerseits sind virtuelle Influencer leichter zu kontrollieren. Schließlich sind sie nicht real und daher ist es unwahrscheinlich, dass ein virtueller Influencer ein Produkt testet, unzufrieden damit ist und es dann nicht weiterempfiehlt.

Andererseits kann die Zusammenarbeit mit virtuellen Influencern auch neue Probleme mit sich bringen. Denn warum sollten Follower den Empfehlungen von jemandem vertrauen, der nicht wirklich existiert? Da virtuelle Influencer keine realen Personen sind, werden sie kaum in der Lage sein, ein Produkt oder eine Dienstleistung authentisch zu bewerben – und dies könnte für Marken, mit denen sie zusammenarbeiten, eher schädlich sein.

Dennoch nehmen wir an, dass einige Unternehmen und Marken auf den Zug aufspringen und ihre eigenen virtuellen Influencer kreieren werden. So können sie die Message, die ihre Zielgruppe über die Influencer erreichen wird, effektiv kontrollieren und weiter optimieren ohne sich um Dritte kümmern zu müssen. Was sollte sie also davon abhalten ihre eigene Version von Miquela zu erschaffen?

Mögliche Risiken in der Zusammenarbeit mit virtuellen Influencern

Während virtuelle Influencer an Beliebtheit gewinnen, wird gleichzeitig die Frage der Transparenz wichtiger. Nachdem öffentliche Institutionen wie die Federal Trade Commission in den USA oder Die Medienanstalten in Deutschland die Richtlinien zu Werbung in sozialen Medien aktualisiert haben, sind alle Influencer dazu verpflichtet, gesponserte Posts mit Hashtags wie #Anzeige oder #Werbung zu versehen. Wird sich durch das Phänomen der virtuellen Influencer in diesem Zusammenhang etwas ändern?

Aus Verbrauchersicht sollten auch hier die gleichen Regeln gelten – schließlich haben auch die Follower von virtuellen Influencern das Recht auf vollständige Transparenz. Gleichzeitig könnte die eindeutige Zuordnung von Verantwortlichkeit zu einem Problem werden: sollte ein virtueller Influencer Regeln brechen, ist es unter Umständen nicht eindeutig, wen öffentliche Institutionen zur Verantwortung ziehen können.

Virtuelle Influencer: Zukunftsaussichten

Da die bereits existierenden virtuellen Influencer immer berühmter werden und Kooperationen mit globalen Marken eingehen, gehen wir davon aus, dass PR- und Marketing-Agenturen versuchen werden, vom aktuellen Hype zu profitieren, indem sie weitere Influencer erschaffen. Dabei sollten sie jedoch beachten, dass das derzeitige Interesse größtenteils daraus resultiert, dass virtuelle Influencer ein neues Phänomen sind. Die Begeisterung wird wahrscheinlich auch wieder zurückgehen, je mehr uns bewusst wird, dass diese Influencer zwar wie wir aussehen, aber nicht menschlich sind. Werden virtuelle Influencer Verbraucher auch langfristig in ihren Bann ziehen können? Das wird sicherlich nur dann möglich sein, wenn die Unternehmen hinter den Influencern in der Lage sind, ihre Schöpfungen wirkungsvoll weiterzuentwickeln und Interaktionen ermöglichen, die Followern einen Mehrwert bieten.

 

Gastautor

Falk Rehkopf
Chief Marketing Officer

Ubermetrics

 

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Roland Heintze
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