1.000.000.000 Strafe für VW: Das war nur die Anzahlung - Faktenkontor 1.000.000.000 Strafe für VW: Das war nur die Anzahlung - Faktenkontor

1.000.000.000 Strafe für VW: Das war nur die Anzahlung

VW legt gerade die vermutlich teuerste Reputationskrise Deutschlands hin

Der Wind gegen VW hat sich gedreht. Der Bußgeldbescheid über eine Milliarde Euro durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig ist wohl erst der Anfang der Strafzahlungen in Deutschland. Weil sich die Automanager mit Lug und Betrug so rücksichtslos zeigen, tritt jetzt die Politik auf den Plan – und rächt sich bitterlich im Namen des Verbrauchers. Damit legen die Wolfsburger gerade die teuerste Reputationskrise Deutschlands hin.

 

Die Wirtschaftswoche bringt die Lage von Volkswagen auf den Punkt:

Der Wind gegen VW hat sich gedreht: Davon zeugen ein zunehmend genervter und härter durchgreifender Verkehrsminister Andreas Scheuer, der gegenüber Auto-Bossen mit Milliardenstrafen droht, Gewinnabschöpfungen im zehnstelligen Bereich, Ex-VW-Manager, die mit internationalem Haftbefehl gesucht werden, ständige Razzien in Wolfsburg und Ingolstadt, Oberwasser von VW-Klägern vor Gericht und bald das scharfe Schwert der Sammelklage sowie eine EU, die Deutschland wegen zu milden Umgangs mit VW verklagt.

Die Liste der Folterinstrumente, die noch auf den VW-Konzern warten, ist bedrohlich lang. Auch bei Audi und Porsche können noch die unrechtmäßig erwirtschafteten Gewinne abgeschöpft werden. Dabei hat der Staat große Ermessensspielräume. Es ist schon erstaulich gewesen, dass es überhaupt zu einer Gewinnabschöpfung bei VW kam, wo doch das Land Niedersachsen Großaktionär beim Autobauer ist. Noch erstaunlicher ist die Höhe von einer Milliarde Euro. Ein echter Paukenschlag. Audi und Porsche müssen nun mit vergleichbaren Bußgeldbescheiden rechnen.

Politiker wollen sich nicht mehr am Nasenring durch die Manage ziehen lassen

Denn: Die Politik will Signale setzen, dass sie sich durch die Automobilindustrie nicht am Nasenring durch die Manage ziehen lassen will. Obendrein gärt das Ungerechtigkeitsgefühl bei Deutschlands Autofahrern, dass sie die Kosten und Wertverluste durch Dieselgate zahlen sollen und die Schuldigen ungeschoren davon kommen. Anders formuliert: Volkswagen & Co. ist es in den vergangenen Monaten durch eine katastrophale Kommunikation gelungen, ein respektables Reputationsproblem aufzubauen – für das die Konzerne jetzt zur Ader gelassen werden.

Neben dem Abschöpfen von Gewinnen kann die Bundesregierung weitere Milliardenstrafe ausrufen für das Maniplulieren von Autos. Bis zu 5.000 Euro könnte das Verkehrsministerium berechnen. Zum Vergleich: Der Bußgeldbescheid über eine Milliarde Euro stand für 93,46 Euro für jedes der nahezu elf Millionen manipulierten VWs. Da könnte also noch eine veritable Forderung aus Berlin eintreffen. Hinzu kommt die Möglichkeit von Sammelklagen der VW-Kunden, die auf dem Weg ist.

Krisen-PR hat die wichtigste Zielgruppe vergessen: die Kunden

Das alles wäre in diesem Ausmaß nicht nötig gewesen, wenn VW und seine Topmanager glaubhaft bereut hätten. Wenn der Umbau des Konzerns deutlichere Zeichen für eine überzeugende neue Unternemensethik geliefert hätte. Wenn sich die Wolfsburger ehrlich und angemessen um die Schäden ihrer Kunden gekümmert hätten. Und wenn weniger gelogen worden wäre.

VW hat eine strategische Position in der Krisen-PR nie erobert: Wer kämpft um den Kunden? Volkswagen ist es nicht. Es sind andere, die diese strategische Position einnehmen. Politik, Umweltverbände, Anwälte. So lange es VW – und andere Konzerne wie Daimler – nicht schaffen, die Kunden auf ihre Seite zu ziehen, werden sie in der öffentlichen Diskussion jämmerlich verlieren.

Wir beobachten gerade die öffentliche Hinrichtung einer Industrie, weil die Auswirkungen einer Reputationskris systematisch unterschätzt wurden.

Jörg Forthmann

 

Jörg Forthmann
Posted inKrisen-PR Blog: MediengauTags: , , ,

Diesen Beitrag kommentieren:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert