Anzeigen für Judenhasser: Krisen-PR bei Facebook - Faktenkontor Anzeigen für Judenhasser: Krisen-PR bei Facebook - Faktenkontor

Anzeigen für Judenhasser: Krisen-PR bei Facebook

Krisen-PR: Wie der US-Konzern seinen Ruf mit diskriminierenden Anzeigenkriterien beschädigt

Anzeigen für Judenhasser: Krisen-PR bei Facebook

Die Vize-Chefin Sherly Sandberg bei Facebook gibt sich selbstgewusst: „Facebook will die Welt besser machen. Die Menschen sollen kommunizieren, sie sollen Gutes tun“, proklamierte sie jüngst auf ihrer Deutschlandtour. Tatsächlich unterstützt der US-Gigant seine Anzeigenkunden, Judenhasser anzusprechen. Warum Facebook am eigenen Anspruch scheitert, Weltverbesserer zu sein, lesen Sie hier.

Die Messlatte liegt hoch. „With great scale comes great responsibility“, lässt sich Sherly Sandberg zitieren. Doch im Tagesgeschäft bleibt der Social-Media-Dienst weit hinter seinem eigenen Anspruch zurück. Jetzt wurde bekannt, dass Facebook bis letzte Woche seinen Kunden die Möglichkeit anbot, die Zielgruppe „Juden-Hasser“ für Anzeigen zu wählen. Alternativ waren „Wie man Juden verbrennt“ oder „Hitler hat nichts Falsches getan“ im Angebot. Das ergaben Recherchen von ProPublica. Nachdem Facebook von den Recherchen erfuhr, entfernte Facebook diese Werbekategorien. Sie wurden automatisch auf der Grundlage von Angaben ermittelt, die Facebookanwender über sich selbst gemacht hatten. In einem Blogbeitrag in der Nacht zum letzten Freitag erklärte der US-Konzern:

Gezielte Werbung auf Basis von durch Nutzer selbst eingetragenen Begriffen wird so lange deaktiviert bis Facebook solchen Missbrauch verhindern kann.

Diese Erkenntnis kommt spät. Denn Facebook hat bereits diverse Krisen hinter sich, in denen es um die Suchmöglichkeiten für Inserenten ging. So wurde vor kurzem der Tageszeitung „The Australian“ ein internes Papier mit dem Vermerk „Internal Only“ zugespielt, in dem auf 23 Seiten beschrieben ist, wie das Netzwerk Gefühlslagen von Jugendlichen identifiziert. Anzeigenkunden könnten so gezielt junge Menschen mit geringem Selbstbewußtsein ansprechen. Die Autoren des Berichts sind zwei australische Facebook-Manager. Screenshots, die das Dokument zeigen, veröffentlichte die Zeitung nicht. Das Dementi folgte prompt: „Facebook bietet keine Tools an, um Nutzer basierend auf ihrem emotionalen Zustand anzusprechen.“ Die Analyse sollte Vermarktern lediglich zeigen, wie sich die Nutzer ausdrücken. Die Informationen seien nie dazu gedacht gewesen, Werbeanzeigen zu personalisieren.

Automatisch generierte Werbekategorien lösen PR-Krise aus

Die automatische Auswertung von Nutzerangaben liefert auch so schon ungeahnte Möglichkeiten…

Sandberg gibt sich auf ihrer Deutschlandtour im Gespräch mit Daimler-Chef Dieter Zetsche selbstkritisch: „Es ist nicht alles gut auf Facebook. Das wissen wir.“

Selbstkritik ist normalerweise eine kluge Strategie, wenn ein Unternehmen in der Kritik steht. So wird den Angreifern der Wind aus den Segeln genommen. Allerdings verfängt diese Strategie nur, wenn vier Bedingungen obendrein erfüllt sind:

  1. Es werden sofort Maßnahmen umgesetzt, um das Problem endgültig zu lösen.
  2. Dieses Maßnahmenpaket ist glaubwürdig.
  3. Um auch hartnäckige Kritiker auszubremsen, werden schnelle erste Erfolge produziert, nach dem Motto: „Seht her! Wir liefern, was wir versprochen haben!“
  4. Das Problem wird tatsächlich gelöst.

Aufrecht unter der eigenen Messlatte hindurch

Sandberg springt mit ihrer Selbstkritik also viel zu kurz. Sie macht es sogar noch schlimmer, indem sie die Erwartungshaltung an Facebook selbst anfeuert. In der gleichen Veranstaltung hat sie davon gesprochen, dass Facebook Weltverbesserer sein will.

Da hilft es auch nicht, dass Facebook nicht alleine ist. Google unterstützt ebenfalls rassistische Werbekampagnen. Auch bei der weltgrößten Suchmaschine lassen sich diskriminierende Schlüsselwörter für Anzeigen definieren, zum Beispiel „black people ruin everything“, „jewish parasite“ oder „jews control the media“.  Das berichtet BuzzFeed. Diese Häufung von Versagen führt allenfalls zur Sippenhaft, und damit ist keinem Internetanbieter wirklich gedient.

Zurück bleibt ein Magengrummeln bei den Menschen, ob es die US-Giganten wirklich ehrlich mit ihrem Anspruch des Weltenverbesserns meinen. Dieser Beweis fehlt bislang.

Jörg Forthmann

P.S.: Passend dazu wird am 19. September 2017 gemeldet: Die AfD wirft Google Sabotage vor: Der Suchriese weigere sich, Werbung für eine Anti-Merkel-Seite der Partei zu schalten, schreibt Spiegel Online. Google argumentiere mit technischen Problemen der Webseite und „herabwürdigenden Inhalten“ in der Anzeige. Die AfD will ihr fünfstelliges Werbe-Budget nun bei Facebook ausgeben – dort stößt die Partei anscheinend nicht auf Widerstand.

Jörg Forthmann
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