Der langsame Managertod des Wolfgang Niersbach - Faktenkontor Der langsame Managertod des Wolfgang Niersbach - Faktenkontor

Der langsame Managertod des Wolfgang Niersbach

Warum die Krisen-PR des DFB-Präsidenten versagt hat. Versagen musste.

Krisen-PR DFBFür Manager und ihre Kommunikationschefs lohnt sich der Blick auf das Scheitern von Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident. 6 Fehler, warum er zurücktreten musste.

Fehler Nummer 1: Verteidigungslinie beziehen, die sich nicht halten lässt

Niersbach hat am Anfang der Affäre versichert, dass die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland – „das Sommermärchen“ – nicht gekauft war. Daraufhin bezichtigte ihn sein Vorgänger Theo Zwanziger der Lüge. Die Steuerfahndung Frankfurt startete eine Razzia und durchsuchte unter anderem das Privathaus von Niersbach. Zunehmend kristallisiert sich heraus, dass die WM eben doch nicht sauber nach Deutschland gekommen ist. Damit verliert der DFB-Präsident seine Glaubwürdigkeit. Besser beraten wäre Niersbach gewesen, wenn er gesagt hätte: „Meines Wissens war die Vergabe der Fußball WM an Deutschland nicht gekauft. Angesichts der Gerüchte und Vorwürfe werde ich aber den Sachverhalt vollständig aufklären. Ich habe bereits eine unabhängige, renommierte Rechtsanwaltskanzlei mit der Aufklärung beauftragt, die direkt an mich berichtet.“ Das hätte ihm die Chance gelassen, trotz neuer Erkenntnisse glaubhaft zu sein. Es gilt der alte Leitspruch der Krisenkommunikatoren: Sag‘ niemals nie!

Fehler Nummer 2: interne Gegner unterschätzen

‎Amtsvorgänger Theo Zwanziger hat Niersbach generalstabsmäßig zerlegt. Sein Vorteil: Er kommt aus dem innersten Führungszirkel des DFB und kennt schmutzige Details, kann nach Belieben kompromittierende Unterlagen streuen. Niersbach ist es nicht gelungen, diesen Insider kalt zu stellen oder zumindest klar als Intriganten und Lügner zu brandmarken. Wer sich so erfolglos gegen persönliche Vorwürfe wehrt, hat wohl doch Dreck am Stecken, mutmaßt das Publikum.

Fehler Nummer 3: In der Rolle des Aufklärers versagen

Als Topmanager ist die Rolle des Aufklärers in einem handfesten Skandal oftmals die letzte Option, nicht gehen zu müssen. Doch diese Rolle muss publikumswirksam und offensiv gelebt werden. Mit scharfen Argumenten (gab es nicht), konsequentem Handeln (echte Konsequenzen zog Niersbach nirgends) und forschem Aufklärungsdrang (so gar nicht spürbar). So einem starken Anführer folgen die Menschen. Stattdessen lieferte der geschasste DFB-Präsident eine denkwürdige Pressekonferenz voller Unsicherheiten, die mehr Fragen hinterließ als beantwortete. So etwas darf trotz höchster Anspannung krisenerprobten Topmanagern nicht passieren.

Fehler Nummer 4: keine Prätorianergarde

Die Gerüchte und Vorwürfe um gekaufte Fußball-Weltmeisterschaften kursieren seit Jahren. Wer in einem derart krisengefährdeten Umfeld als Topmanager agiert, muss frühzeitig ein schlagkräftiges Team aufbauen, das ‎sich in der Krise schützend vor seinen Chef stellt, das Feuer auf sich zieht und die öffentliche Auseinandersetzung kraftvoll zu entscheiden sucht. Diese Teams lassen sich nicht mit gewöhnlichen Mitarbeitern kurzfristig in der Not zusammenstellen. Hier ist vorausschauende Krisenvorbereitung gefragt. Oft genug lösen Unternehmen und Institution die Besetzung mit externen, krisenerfahrenen Experten.

Sichern Sie sich Ihr persönliches Exemplar des Ratgebers „Vordenker in der Krisenkommunikation“ – ein Sonderdruck des Harvard Business Managers in Kooperation mit der Kommunikationsberatung Faktenkontor. Eine E-Mail an Joerg.Forthmann@Faktenkontor.de genügt. Jetzt kostenfrei bestellen!Fehler Nummer 5: Aufklärung nicht im Griff

Der DFB hat die Rechtsanwaltskanzlei ‎Freshfields mit der unabhängigen Aufklärung beauftragt. Der Aufklärungsauftrag und die Abläufe müssen so gestaltet werden, dass der krisengeschüttelte Topmanager die Hoheit über neue Erkenntnisse, erforderliche Konsequenzen und deren Kommunikation hat. Nur wer agiert, der führt. Wer reagiert verliert.

Fehler Nummer 6: Nicht in den Kampf ziehen, wenn die Niederlage unausweichlich ist

Das ist wahrscheinlich – in der Rückschau – der größte Fehler von Niersbach gewesen. Wer erkennt, dass sich die ersten fünf Fehler nicht mit einer hinreichend großen Wahrscheinlichkeit‎ vermeiden lassen, sollte die offene Auseinandersetzung meiden. Damit verbleibt die Chance, aufrecht von der Bühne abzutreten. Die Alternative ist der schmachvolle Rücktritt – unabhängig davon, ob dieser Schritt objektiv gerechtfertigt ist.

Möglicherweise hat Niersbach aber auch noch rechtzeitig die Notbremse gezogen, bevor er vollkommen unter die Räder gerät.‎ Das wissen wir, sobald bekannt ist, was Freshfields tatsächlich herausgefunden hat.

Jörg Forthmann

P.S.: Lesen Sie diese Woche auch: Warum Digital Natives Facebook, Google & Co. misstrauen

Jörg Forthmann
Posted inKrisen-PR Blog: MediengauTags: ,

Diesen Beitrag kommentieren:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert