Deutsche Bank: generalstabsmäßiger Gegenangriff - Faktenkontor Deutsche Bank: generalstabsmäßiger Gegenangriff - Faktenkontor

Deutsche Bank: generalstabsmäßiger Gegenangriff

Deutsche Bank: generalstabsmäßiger Gegenangriff

Die Deutsche Bank hatte nach der Durchsuchung mit 500 Polizisten ein verheerendes Medienecho. Doch schon einen Tag später gibt es Interviews mit Co-Chef Jürgen Fitschen in der Bildzeitung – für das breite Volk – und im Handelsblatt – für die Manager und Entscheider im Land. Das allein ist noch keine Leistung, denn einem Interview würden sich viele Medien nach einer derart Aufsehen erregenden Durchsuchungsaktion und Ermittlungen gegen den Vorstand von Deutschlands größter Bank nicht verwehren. Entscheidend ist, wie sich Fitschen präsentiert. Das ist ein Lehrstück, wie man sich als angegriffener Manager präsentiert. Er macht seine Position klar, hält die Aktion der Staatsanwaltschaft für überzogen. Bekundet, schon immer ein ehrbarer Kaufmann gewesen zu sein. Diese Sicht mischt er geschickt mit der Rolle des Geläuterten, der mit Hochdruck daran arbeitet, Entgleisungen abzustellen – jetzt noch mehr. Und er gibt sich menschlich verständnisvoll: Die Mitarbeiter in den Filialen machen einen tollen Job, und die Kunden sprechen der Bank Mut zu. Am Ende stimmt die Melange: Fitschen kommt positiv rüber, und Zweifel entstehen, ob die Deutsche Bank wirklich so schlecht ist, wie man noch gestern gedacht hat. Das Bild-Interviews ist eine interessante Lektüre für jeden Krisenkommunikator: http://www.bild.de/geld/wirtschaft/juergen-fitschen/deutsche-bank-chef-spricht-exklusiv-in-bild-27654670.bild.html

Eine Schwalbe macht allerdings noch keinen Frühling. Der Spiegel macht mit der Deutschen Bank auf und bundesweit laufen schlechte Nachrichten durch die Blätter; die schlechten Nachrichten überschlagen sich fast. Fitschen wird seine geradlinige Haltung weiter demonstrativ pflegen müssen. Die Deutsche Bank scheint eingekesselt von Vorwürfen und Gegnern. Verbündete sind gerade nicht zu sehen, was ebenfalls ein Versäumnis der Vergangenheit ist. Da hilft nur ein Ausbruch aus dem Kessel und das Besetzen eines ganz neuen Themas – quasi ein Brückenkopf in einer neuen Welt.

Das frühe Interview mit Fitschen zeigt: Es ist klug hinzusehen, was noch an Einschlägen kommen wird, und darauf seine Kommunikationsstrategie abzustellen. Der Joker Fitschen kann jetzt so schnell nicht noch mal gezogen werden, und so fehlt es gerade an starken Signalen aus der Bank. Ob es objektiv richtig ist, sich jetzt zu äußern, ist dem Publikum egal. Es wartet nicht mit seinem Meinungsbildungsprozess. Die chemische Industrie war vor Jahrzehnten als Umweltverschmutzer in ähnlicher Lage und hat es geschafft, über kontinuierliche, jahrelange Kommunikation in Kombination mit substanziellen Bemühungen um die Umwelt ihr Image wieder aufzupolieren. Da es die schnelle Rettung nicht gibt, sollte die Deutsche Bank mal die Kampagne der chemischen Industrie ansehen.

n-tv berichtet am 23. Dezember 2012: „Nun zeigt das Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen Reue: In einem Brief an die Mitarbeiter geloben sie, die Vergangenheit der Bank aufzuarbeiten. Es ist das erste Mal seit den Razzien, dass sich die beiden Chefs zu Wort melden. (…) ‚Wir werden alles daran setzen, die Vergangenheit aufzuarbeiten‘, versprechen die Co-Vorsitzenden Jürgen Fitschen und Anshu Jain in einem Schreiben (…). Sie bekräftigen darin, den versprochenen Kulturwandel bei Deutschlands größter Bank vorantreiben zu wollen. ‚Dieser Wandel ist nicht leicht und wird Zeit benötigen – aber er muss und wird erfolgen‘.“

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
Posted inKrisen-PR Blog: Mediengau

Diesen Beitrag kommentieren:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert