Krisen-PR: Der Inquisitor von VW kommt aus Washington - Faktenkontor Krisen-PR: Der Inquisitor von VW kommt aus Washington - Faktenkontor

Krisen-PR: Der Inquisitor von VW kommt aus Washington

Kampagne mit bis zu acht Millionen Klägern in Deutschland

Krisen-PR Hausmann VWBislang hat sich VW mit Schadenersatzzahlungen für deutsche Kunden auffällig zurück gehalten, während US-Amerikaner reichlich Entschädigung bekommen. Das will jetzt der US-Staranwalt Michael Hausfeld auch in Deutschland erzwingen – eine ganz harte Nuss für die Wolfsburger Krisenkommunikation. 

Michael Hausmann ist der personifizierte Albtraum für den VW-Vorstand: Der auf Massenklagen spezialisierte Anwalt kämpft in den USA um die Entschädigung amerikanischer VW-Kunden und hat einen teuren Deal ausgehandelt: VW-Fahrer mit manipulierten Motoren lassen ihren Wagen reparieren und erhalten obendrauf 5.000 Euro, oder sie verkaufen ihren Wagen zurück an den Autokonzern. 18 Milliarden Dollar kostet Dieselgate allein in den USA, so die Schätzungen.

Hausmann ist aber auch schon in Deutschland unterwegs und sammelt Aktionäre, die durch den Autoskandal Geld verloren haben. Das ist für die Wolfsburger Krisenkommunikationsexperten noch nicht der GAU. Anwälte in Massenklagen werden von der Öffentlichkeit gerne als raffgierig ‎gesehen, und Aktionäre gehören ohnehin nicht zu den Lieblingen an Deutschlands Stammtischen.

Schlimmer kann es für VW in der Krisenkommunikation nicht kommen

Doch der Staranwalt holt jetzt gewaltig aus: Er will deutsche Kunden in einer Massenklage vertreten, will sich also zum Kämpfer ‎für den geprellten deutschen Autofahrer aufschwingen. Nahezu 100.000 Kläger hat er schon gesammelt. Hausmann liebäugelt mit zwei bis acht Millionen Klägern, für die er ins Gefecht zieht. Schlimmer kann es für die Krisenexperten von VW nicht kommen: eine professionell versammelte Schar geprellten Kunden, für die lautstark und Monate lang ein medienerprobter Anwalt ihr „gutes Recht“ einfordern. Ein Vergleich wie in den USA würde dem Autokonzern etwa 60 Milliarden Dollar kosten – und wäre sein Todesurteil. Deshalb kündigt Hausmann gleich an, dass er Volkswagen nicht „töten“ wolle. Für die geschädigten Autofahrer kommt also auf jeden Fall weniger raus als in Amerika, womit das Gerechtigkeitsempfinden hiesiger Kunden unausweichlich beschädigt wird.

Die Kampagne des Anwalts ist hoch professionell: Er hat in Berlin ein Büro gegründet, so dass es deutsche VW-Kunden nicht weit haben. Ein Prozessfinanzierer hat bereits zehn Millionen Euro zugesichert, so dass Klagewillige nichts zahlen müssen – aber die Chance auf Entschädigung erhalten. Auch die vermeintlichen juristischen Hindernisse hat Hausmann begutachtet: Eine Sammelklage von VW-Kunden ist in Deutschland nicht möglich. Also will er jeden einzelnen Fall vor Gericht bringen. „Mit allem Weiteren müssen dann die deutschen Gerichte umgehen“, zitiert ihn der Stern.

Staranwalt Hausmann beherrscht die Klaviatur der PR meisterhaft

Da legt es also jemand darauf an, die deutsche Gerichtsbarkeit zu sprengen, öffentliche Diskussionen über dieses Vorgehen zu provozieren und eine riesige Empörungswelle loszutreten.

An dieser Stelle könnten die VW-Kommunikatoren hoffen, dass sich der öffentliche Groll gegen den US-Anwalt richtet und man sich als armes kleiner Opfer total gemeinter Entschädigungsgeier herauswinden kann. Doch das wird nicht passieren. Hausmann produziert sich als einsamer Kämpfer für das Gute:

  • Warum macht er gegen VW klagt? Hausmann: „Persönlich ist für mich wichtig, dass kein Mensch der Welt über dem Gesetz steht. Das Recht muss auf der Seite von den Menschen stehen, die sonst übergangen würden.
  • Macht er mit dem Fall richtig Kasse? Nein, denn in Deutschland gibt es feste Gebührensätze. Mehr nimmt er nicht.
  • Hat VW diese harte Strafe verdient? Wer das Gesetz verletzt, verliert mein Mitleid.

Der Anwalt ist in Sachen PR mit allen Wassern gewaschen.‎ Kritische Vorwürfe perlen an ihm ab.

Kommunikation ist für Hausmann ein strategischer Erfolgsautor. Er muss möglichst viele VW-Kunden für seine Klagewelle gewinnen. Deshalb wird er den Wolfsburger in den nächsten Monaten medial kräftig einheizen. Er kann gar nicht anders.

Lösung der PR-Krise liegt beim VW-Vorstand

Die Lösung dieser Kommunikationskrise liegt im VW-Vorstand. Der Autokonzern muss endlich auf seine deutschen Kunden zugehen, finanziellen Ausgleich versprechen – und so die Kampagne von Hausmann trocken legen. Das Ganze mit offensiver Kommunikation: „Wir haben verstanden!“ Oder es gibt hinter den Kulissen schnell einen außergerichtlichen Vergleich.

Wie auch immer: Hausmann’s Initiative wird VW Milliarden kosten.

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
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