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Krisen-PR: Kann Ihre Firma auch nicht anders als böse sein?

Die Unternehmenskultur reparieren – so geht’s

Innerhalb von Unternehmen wird gelogen und betrogen – und die Mitarbeiter haben noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Wie kann das sein? Es ist die Unternehmenskultur, die das Unrechtbewußtsein erodieren lässt. Dieser Erosionsprozess fängt im Kleinen an. Wie weit ist dieser Prozess in Ihrer Firma fortgeschritten? Ein kritischer Blick lohnt sich.

Die Unternehmenskultur ist in vielen deutschen Unternehmen sauber geregelt: Die Unternehmenswerte sind akribisch aufgeschrieben, Compliance-Regeln setzen Leitplanken für das eigene Verhalten, und die Personalabteilung hat für Mitarbeitergespräche aufgelistet, in welchen Dimensionen die Belegschaft zu bewerten ist. Was soll da noch schief gehen?

Im Zweifelsfall alles. Denn das Geschriebene muss gelebt werden. Oder anders formuliert: Die Unternehmenskultur muss zum Leben erweckt werden. Menschen richten sich danach aus, was von ihnen in ihrem sozialen Umfeld erwartet wird. Oder was sie glauben, was von ihnen wohl erwartet wird. Es gibt deshalb in den Unternehmen soziale Normen, die durch Erfahrungen geprägt sind: Was wurde mit positiven oder negativen Sanktionen legt? Und was führt zur Anerkennung durch Vorgesetzte und Kollegen? Soziale Normen haben eine enorme Wirkung auf Menschen, denn wer sie verletzt, muss eine Ausgrenzung aus der (Arbeits-) Gemeinschaft fürchten.

Soziale Anerkennung überwindet den Gerechtigkeitssinn

Andererseits gewinnt derjenige an Prestige und Status, der innerhalb des sozialen Gefüges im Betrieb viel Anerkennung erntet und alles richtig macht – auch wenn es in Wahrheit falsch ist. Nicht anders ist es zu erklären, dass beim Dieselgate-Skandal so viele Mitarbeiter fleißig und willig mitgemacht haben. Dass in Finanzvertrieben wissentlich zu oft zum Nachteil des Kunden beraten wird und dass verdorbene Lebensmittel in Supermärkten mit neuen Haltbarkeitsdaten versehen wurden. Bei diesen Skandalen richteten sich die Mitarbeiter an der Erwartung aus, dass die Fehlentscheidung gewollt ist – und dass sie später honoriert wird. Diese Honorierung kann durch Belobigung, mehr Geld oder durch eine schnellere Karriere erfolgen. Manchmal genügt es den Mitarbeitern sogar, wenn sie sich in der Aura ihrer Chefs bewegen dürfen und zum so genannten „Inner Circle“ gehören.

Von diesem Effekt ist kein Unternehmen frei, denn täglich werden falsche oder missverständliche Anreize in der Belegschaft gesetzt. Das lässt sich nicht vollkommen vermeiden. Obendrein können soziale Normen von Abteilung zu Abteilung oder von Standort zu Standort schwanken, weil sie nicht nur in der gesamten Belegschaft, sondern auch in Teilgruppen ausgeprägt werden.

Die vier Stufen der Unternehmeskultur – und wo die meisten Firmen stehen bleiben

Eine vorbildliche Unternehmenskultur besteht aus vier Stufen:

  1. Es gibt Werte. Das sind nicht jene Werte, die in mühseligen Buttom-Up-Prozessen in den Unternehmen identifiziert und zusammengetragen werden. Da kommt am Ende sehr viel heiße Luft daher. Es sind klare Erwartungen an das Tun und an das Unterlassen. Werte sind klar und handlungsleitend, und sie sind in der Zahl beschränkt. Ein Wertekanon verliert mit zunehmender Zahl an Werten irgendwann an Qualität, denn wer kann sich schon zehn oder zwanzig Werte merken?
  2. Die Werte werden kommuniziert. Immer und immer wieder. Zu jeder Gelegenheit. Im Kleinen wie im Großen. Quer durch alle Hierarchien.
  3. Werte werden entscheidungsleitend. Führungskräfte und Mitarbeiter fällen Entscheidungen, selbst wenn dadurch das Unternehmen wirtschaftliche Nachteile erleidet.
  4. Das Verletzen von Werten wird ebenso bestraft wie das Befolgen von Werten belohnt wird.

Die allermeisten Firmen sind irgendwo zwischen Stufe 1 und 2 stehen geblieben. Statt dessen hat sich ein informelles Netz an sozialen Normen herausgebildet. Mit Glück ist aus der Belegschaft ein „anständiger Haufen“ erwachsen, mit Pech werden kleine Sünden mit Augenzwinkern gesehen und große Sünden im Stillen bewundert.

Eine schlechte Unternehmenskultur ist sichtbar gewordenes Versagen der Chefetage

In der Transformation der Unternehmenskultur liegt gerade bei den Führungskräften eine hohe Verantwortung. Sie sind es, die sanktionieren und loben und damit den innerbetrieblichen Normen Profil verleihen. Leider sind viele Führungskräfte schon lange im Unternehmen und als Teil des Systems nicht mehr willig, sich in den Dienst einer neuen Unternehmenskultur zu stellen. Hier hilft – leider – nur große Konsequenz. Wer Werte des Unternehmens nicht lebt und sich nicht mit ihnen identifiziert, muss gehen. Auch das ist ein wichtiges Signal in der Belegschaft: „Die meinen es ernst. Hier ändert sich jetzt die Erwartungshaltung an mich, und ich sollte mich zügig anpassen.“

Eine vorbildliche Unternehmenskultur ist deshalb kein Projekt der Pressearbeit. Sie kann unterstützen. Im Kern ist es eine Aufgabe des Topmanagements. Eine schlechte Unternehmenskultur ist sichtbar gewordenes Versagen der Chefetage.

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
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