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Krisen-PR: Wie H&M seinen Ruf verbrennt

Umweltschützer kritisieren das Verbrennen von Kleidung

H&M hat ein Problem: Der Händler sitzt auf einem Berg von Ladenhütern im Wert von sagenhaften 3,5 Milliarden Euro. 100.000 Kleidungsstücke wurden vernichtet – das darf nicht sein, kritisiert Greenpeace. H&M hat darauf keine Antwort. Zum zweiten Mal.

 

H&M wird seine Ware nicht los. Das ist nicht neu. Schon 2017 berichtete eine dänische TV-Dokumentation‎, dass der Textilhändler „tonnenweise“ Kleidung verbrennt. Es gebe dafür sogar eine eigene Verbrennungsanlage in Roskilde. H&M war klug genug, das Offensichtliche nicht zu dementieren. Doch die verbrannten Textilien seien gesundheitsschädlich oder kaputt gewesen.

An dieser Darstellung melden die dänischen Filmemacher allerdings Zweifel an. Bei der aussortierten Ware könnten weder Schimmelpilzbefall noch ein zu hoher Bleigehalt festgestellt werden. So bleibt der Verdacht im Raum, dass die Modekette Kleidung vernichtet, um schnell Platz in den Regalen für die nächste Saisonware zu bekommen. Immerhin wird die Ware fünf Mal im Jahr durchgetauscht. Da blockiert alter Fummel die schöne Verkaufslogistik nur unnötig, so der Vorwurf.

H&M läuft zum zweiten Mal in die gleiche Krisen-Falle

Für Krisenkommunikatoren sind die jetzt durch das Investigativmagazin „Frontal21“ aufgewärmten Vorwürfe spannend, weil H&M immer noch nicht die zentrale Frage beantwortet, was eigentlich mit der aussortierten Ware passiert. In 2017 konnte H&M diese Frage in Dänemark nicht beantworten und wurde deshalb vorgeführt. Nun, ein Jahr später, läuft der Textilhändler in die gleiche Falle.

Die Vorwürfe der Investigativjournalisten und Umweltschützer ließen sich sofort entkräften, wenn H&M transparent machen würde, wo die aussortierte Ware bleibt und warum 100.000 Kleidungsstücke jüngst vernichtet werden mussten.

So wird H&M unnötig das Opfer journalistischer Inszenierung. Frontal21 verweist auf einen „vertraulichen“ Bericht des Wirtschaftsausschusses der deutschen Logistiktochter an den Gesamtbetriebsrat im Juni 2018. Dadurch entsteht der Eindruck, Frontal21 habe ein Geheimnis enthüllt. Und es wird bewusst der Verdacht geschürt, dass der Grund für dieses Geheimnis in der umweltschädigenden Geschäftspolitik von H&M liegt, die Ware in den Regalen gewinnmaximierend oft zu drehen – selbst wenn die Umwelt darunter leidet. Den Beweis liefern die Journalisten nicht wirklich. Aber der Zuschauer bleibt mit diesem bösen Eindruck zurück.

Unklarheiten lässt H&M unnötig weiter stehen

Weil H&M nicht den Gegenbeweis antritt. Die Modekette eröffnet selbst die Spekulationen, weil sie Unklarheiten lässt. Nach der Krisenkommunikationspleite ein Jahr zuvor in Dänemark dürfte das heute nicht nochmal passieren. Dabei ist die Antwort möglicherweise ganz einfach:

Ein sehr geringer Anteil der Ware muss vernichtet werden, weil sie kaputt ist oder weil der Verdacht besteht, dass sie in den fernöstlichen Produktionsstätten mit Chemikalien falsch behandelt wurden oder mit Schimmelpilz in Berührung kamen. Das ist für H&M ein wirtschaftlicher Schaden, der unnötig ist. Deshalb hat H&M folgende Maßnahmen bereits ergriffen, um dieses Problem zu beheben: … Die ersten Erfolge sind da. Die Ausschussquote ist bereits spürbar gesunken – und sie soll weiter sinken. Die weiterhin verwendungsfähige Ware wird als Restposten über Restpostenmärkte verkauft, so dass kein Kleidungsstück unnötig vernichtet wird.

Damit wäre Journalisten und Umweltschützer der Wind aus den Segeln genommen: Ihr habt gemeint, einen Skandal auf der Spur gewesen zu sein. Stimmt aber nicht.

Warnung vor dem Verräter in den eigenen Reihen

Eine Gefahr besteht allerdings: Die Geschichte riecht verflixt danach, dass der Betriebsrat interne Unterlagen an Frontal21 gegeben hat. An dem klärenden ‎Statement von H&M darf es überhaupt keine Unwahrheit oder Schönfärberei geben. Der Verräter sitzt im eigenen Haus und würde diese Chance sofort nutzen, H&M der Lüge zu bezichtigen – um davon abzulenken, dass die vermeintliche Skandalgeschichte in Wirklichkeit viel unbedeutender ist. Und dass die Journalisten jemanden auf den Leim gegangen sind, der seine ganz eigene Agenda verfolgt.

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
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