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Lieber Vorstandsvorsitzender, hilf nicht. Allein ist es schwer genug.

Wie der VW-CEO die PR-Krise mit einem einzigen Interview explodieren lässt

Krisen-PR VW MüllerIch muss mich bei Ihnen entschuldigen. Vor fünf Tagen habe ich geschrieben, dass VW erfolgreiche Befreiungsschläge in der Krisen-PR unternimmt. Da habe ich noch nicht gewusst, was der VW-Boss heute in den USA anrichtet. Lesen Sie hier, wie Matthias Müller mit einem einzigen Radiointerview den Konzern noch tiefer in die Krise stürzt. Was keiner für möglich hielt, hat der Autolenker in nur zwei Minuten geschafft.

Gewiss, das USA-Programm ist für Matthias Müller kein Zuckerschlecken. Zarter besaitete Manager hätten wohl schon kapituliert. Da ist es selbstverständlich, dass der VW-CEO auf jedes Gespräch im Land der milliardenschweren Strafzahlungen von einer Heerschar von Beratern sorgfältig vorbereitet wird. Ohne Erfolg. Ein Interview mit dem Radiosender NPR lief offenbar derart schief, das die PR-Berater die Radioleute um eine erneute Aufnahme von Teilen des Interviews baten: „Ehrlich gesagt, wir hatten ein technisches Problem.“ Volkswagen habe die amerikanischen Gesetze „falsch interpretiert“. „Wir haben nicht gelogen. Wir haben die Frage zunächst nicht verstanden.“

Den Text im Wortlaut finden Sie am Ende des Blogbeitrags. Er wurde von NPR online gestellt.

Krisenkommunikation vor dem Mikro

Im zweiten Anlauf korrigierte sich Müller: „Wir akzeptieren in vollem Maße den Verstoß. Da gibt es keine Zweifel.“ „Wir arbeiten Tag und Nacht, um Lösungen zu finden. Nicht nur technische Lösungen. Es gibt auch für Anwälte und die Pressestelle viel zu tun.“

Bereits vor dem denkwürdigen Radiotermin hatte der VW-Chef klargestellt, dass man sich nicht kriminalisieren lassen wolle und dass der Autokonzern nicht beabsichtigt, zu Kreuze zu kriechen. Das kommt in den USA überhaupt nicht gut an. Kunden und Aufsichtsbehörden erwarten Demut angesichts von #Dieselgate.

Das beabsichtigt Müller offensichtlich nicht zu liefern. Er schafft eine Situation gemäß dem Sprichwort „Wie gewonnen, so zerronnen.“ Während der Chef der Marke VW – Herbert Diess – das neue Volkswagen auf der IT-Messe CES in Las Vegas ausgerufen und damit den Weg raus aus dem Skandal markiert hat, tritt Müller Kundschaft und Behörden mit voller Wucht vor das Knie.

So etwas darf nicht passieren. „Die US-Umweltbehörde Carb hat nun prompt den Rückrufplan für die manipulierten Dieselfahrzeuge abgelehnt. Chefaufseherin Mary Nichols bezichtigte den Konzern, die „Lüge noch verschlimmert“ zu haben“, so das Handelsblatt.

Aufsichtsrat will Müller zu USA-Fauxpas befragen

Einige Vertreter im VW-Aufsichtsrat sind tief verärgert, kolportiert das Handelsblatt. „Müller hätte sich einfach mal in Zurückhaltung üben können“, zitiert das Blatt einen Kontrolleur. „Ihm hätte klar sein müssen, dass jedes Wort in den USA auf die Goldwaage gelegt werde. Müller sei wohl schlecht beraten gewesen“, schreibt das Handelsblatt. „In den kommenden Tagen wollen die Kontrolleure dem Vernehmen nach über den Fauxpas reden. Anfang der Woche tagt dann das Aufsichtsratspräsidium. Dort soll Müller über seine USA-Reise befragt werden.“

Krisen-PR VW Müller IIDas Interview im Wortlaut

In a prepared statement, Mueller said of the emissions-cheat scandal, „We all know that we have let down customers, authorities, regulators and the general public here in America, too.“ He added, „We are — I am — truly sorry for that. And I would like to apologize once again for what went wrong with Volkswagen.“

Following his remarks, Mueller spoke briefly with NPR. He said Volkswagen did not lie to U.S. regulators about emissions problems with its diesel engines but chalked it up to a misunderstanding of U.S. law.

Here’s the exchange Sunday night:

NPR: You said this was a technical problem, but the American people feel this is not a technical problem, this is an ethical problem that’s deep inside the company. How do you change that perception in the U.S.?

Matthias Mueller: Frankly spoken, it was a technical problem. We made a default, we had a … not the right interpretation of the American law. And we had some targets for our technical engineers, and they solved this problem and reached targets with some software solutions which haven’t been compatible to the American law. That is the thing. And the other question you mentioned — it was an ethical problem? I cannot understand why you say that.

NPR: Because Volkswagen, in the U.S., intentionally lied to EPA regulators when they asked them about the problem before it came to light.

Mueller: We didn’t lie. We didn’t understand the question first. And then we worked since 2014 to solve the problem. And we did it together and it was a default of VW that it needed such a long time.

NPR: And how do you fix the perception that’s here in the U.S. — how do you change American thinking about Volkswagen …

Mueller: We don’t want to change the American thinking. We have to make up our mind and we have to change our thinking. And we just do that.

NPR: How do we know when it’s changed? How will we know when Volkswagen is different?

Mueller: How? So …

NPR: What’s the proof?

Mueller: I’m CEO in three months, and I’m working day and night to make a change process within Volkswagen. We started this, and it needs some time. It needs, let me say, one year … one to three years.

For example, we have installed new board member for integrity and — Ms. [Christine] Hohmann-Dennhardt, she came from Daimler with a lot of another solutions within our company.

NPR: There were a lot of people in Congress and the [Obama] administration who are very angry with Volkswagen. What do you say to those people who are investigating and who feel like personally that the company lied to them?

Mueller: First of all, I have to apologize on behalf of Volkswagen. Second, I have to promise — and we will do the pledge — that we deliver appropriate solutions for our customers. As soon as possible.

NPR: How soon is soon?

Mueller: We have to discuss it with the EPA on Wednesday, and then we will see whether the time schedule is OK or not.

On Wednesday, Mueller is expected to present the Environmental Protection Agency with Volkswagen’s plan to fix the emissions Problem.

 

Jörg Forthmann
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