Occupy scheint jetzt zu gelingen, was bisher nur Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace möglich war: Die Protestbewegung institutionalisiert sich – und zwar mit Hilfe einer eigenen Kreditkarte. Für 99 Cent pro Monat soll die Kreditkarte jedem US-Amerikaner zur Verfügung stehen. Damit greift Occupy bei einem großen gesellschaftlichen Problem an: 24 Millionen Amerikaner haben keinen oder nur einen einfgeschränkten Zugang zu Finanzdienstleistungen. Partner von Occupy ist eine „Bank, die niemanden ausschließt und niemanden abzockt“. Derzeit sammelt Occupy Geld für die Realisierung der Kreditkartenidee. Die Kooperative braucht eine Million Dollar und sammelt gerade Spenden für das Projekt.
Für die Banken ist dieser Ansatz eine schlechte Nachricht. Denn wenn sich Occupy in der Gesellschaft institutionalisiert, wird die Protestbewegung weder einschlafen noch sterben. Ein Blick in den Umweltschutz zeigt Bankern, was zukünftig auf sie zukommen könnte: Greenpeace ist auf Umweltschutzkonferenzen mittlerweile mit eigenem Mandat präsent und akzeptiert. Das verleiht Greenpeace die Chance, den eigenen Mitgliedern beweisen zu können, dass Greenpeace wichtig ist und wirklich etwas bewegt. Gleichzeitig nutzt Greenpeace die Plattformen, um seine Forderungen öffentlichkeitsstark zu postulieren. Durch die Institutionalisierung des Protests wird es zudem ungleich schwerer, die NGO anzugreifen. Die Bankbranche ist gut beraten, im Hinblick auf die Occupy-Bewegung neue Szenarien zu prüfen und sich auf einen dauerhafte, institutionalisierte Bank-Kritiker mit einer Verwurzelung in breiten Schichten der Bevölkerung einzurichten.
Occupy hat sich bereits kundiger Gründungsmitglieder für ihre Kreditkarteninitiative versichert: So gehört der ehemalige Hedge-Fonds-Manager der Deutschen Bank, Christian Brammer, ebenso zu den Gründern wie der renommierte Finanzprofessor Bob Hockett, der bereits die US-Notenbank Fed und das Fininanzministerium beraten hat.
Jörg Forthmann