Uli Hoeneß verprellt seine Unterstützer nach Gerichtsurteil - Faktenkontor Uli Hoeneß verprellt seine Unterstützer nach Gerichtsurteil - Faktenkontor

Uli Hoeneß verprellt seine Unterstützer nach Gerichtsurteil

hoeness sternUli Hoeneß hat eine wichtige Regel in der Krisenkommunikation klug befolgt: Pflege Freunde in guten Zeiten, dann hast Du Verbündete in der Not. Ob Beckenbauer, Bayern München-Aufsichtsrat oder -Spieler: Alle hielten öffentlich zu ihm. Die zweite wichtige Regel bricht er nun allerdings: Beschädige Deine Verbündeten nicht in der Krise.

Das heutige Gerichtsurteil – 3 Jahre 6 Monate Haft für Steuerbetrug – macht es den Freunden schwer, weiterhin zu ihm zu halten. Doch Hoeneß macht es mit einer Klage gegen den „Stern“ noch viel schlimmer. Der Steuersünder will die Klage gegen den „Stern“ weiter durchfechten. Demut? Fehlanzeige! Doch gerade jetzt erwartet das Publikum öffentliche Zerknirschtheit. Für seine Unterstützer erschwert diese Dickköpfigkeit die Solidarität enorm. Hoeneß demontiert seinen besten Schutzschirm in der Krise.

Der Stern hatte einen anonymen Hinweisgeber zitiert: Auf Hoeneß` Schweizer Konto und Unterkonten lägen 500 Millionen Schweizer Franken und mehr. Unter anderem gegen diese Passage klagt Hoeneß, vertreten durch den Hamburger Medienanwalt Michael Nesselhauf. Laut Recherche des NDR-Magazins „Zapp“ bleibt es bei der Klage. Schon bei der Gerichtsverhandlung hatte sich Hoeneß streckenweise schwer getan, Demut und Reue zu zeigen, berichten Berichterstatter aus dem Gerichtssaal. Dass er die Klage gegen den „Stern“ weiter verfolgt, zeigt, dass der ehemalige Nationalspieler nicht wirklich einsichtig und reumütig ist. Er fühlt sich zu Unrecht öffentlich verfolgt und will sich am „Stern“ rächen, der ihn mit seinen Recherchen in die Selbstanzeige getrieben hat.

Menschlich ist das verständlich, nur macht er damit einen entscheidenden Fehler. Bis zur Gerichtsverhandlung hat er von einer enormen Solidarität von Funktionsträgern des 1. FC Bayern München profitiert. Das war für eine Krisensituation ein Novum, das wir selten in der Krisenkommunikation sehen. Hoeneß täte es gut, wenn diese Solidarität bis zur Verhandlung beim Bundesgerichtshof trägt, denn seine Freunde arbeiten in der Öffentlichkeit all das heraus, woran es Hoeneß aktuell vermissen lässt: das Menschliche sowie seine sportlichen und sozialen Leistungen. Sie liefern ihm die Vorlagen, die ihn weinend und leidend zeigen. Die dadurch erzeugte Melange aus Bewunderung und Bedauern hat lange die Sympathien der Menschen für Hoeneß befeuert.

Wenn Hoeneß nun aber seinen Rachekurs gegen den „Stern“ hält, ist das unverständlich und argumentativ nicht nachvollziehbar. Bei Journalisten schürt er unnötig die Solidarisierung mit der Stern-Redaktion. Seine Verbündeten, die möglicherweise bereits an ihrer Solidarität zweifeln, werden durch diese Rache unnötig belastet. Meine Prognose: Die Unterstützerfront bröckelt in den nächsten Wochen und Hoeneß wird in einem lang anhaltenden Mediengau untergehen.

Das hätte nicht sein müssen. Bis jetzt war er von vielen bemühten Verbündeten begleitet.

Jörg Forthmann

P.S.: Der Spiegel berichtet heute:

Der Psychiater Kraus hat sich lange Zeit mit den narzisstischen Wesenszügen Uli Hoeneß‘ beschäftigt, in der kürzlich erschienenen Biografie über den Bayern-Präsidenten (Peter Bizer: „Uli Hoeneß – Nachspiel“) bildet sein Aufsatz über „Die Gier nach Größe“ den Abschluss. Darin heißt es: „Narzissten sind oft betriebsame oder getriebene Menschen. Zur Ruhe kommen fällt ihnen schwer.“ Sie wollen ihr Handeln stets selbst bestimmen, Kontrolle ausüben über alles, was um sie herum geschieht, und dafür bewundert und anerkannt werden.

So ist es nur logisch, dass Hoeneß seit dem vergangenen April jegliches Reden und Denken über sich beeinflussen will – in eine Richtung, die ihn als den herzensguten Menschen erscheinen lässt, als den er sich am liebsten sieht. Bereits im ersten Interview nach Bekanntwerden der Vorwürfe, es war ein ausführliches Gespräch in der „Zeit“, nutzte er den Raum, um sich selbst als Opfer seiner Sucht zu inszenieren. „Ich halte mich nicht für krank, wenn Sie das meinen. Zumindest heute nicht mehr. Ein paar Jahre lang war ich wohl nah dran. Aber inzwischen halte ich mich für kuriert“, sagte er.

Jörg Forthmann
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