Wie H&M die Konfrontation mit Alice Schwarzer sucht - Faktenkontor Wie H&M die Konfrontation mit Alice Schwarzer sucht - Faktenkontor

Wie H&M die Konfrontation mit Alice Schwarzer sucht

H&M wird für Kopftuch-Model gefeiert – noch

kampagne-mit-kopftuchH&M präsentiert sein erstes Kopftuchmodel, und Musliminnen sind begeistert. Doch der Multikulti-Ausflug droht in eine veritable Kommunikationskrise auszuarten – wenn die Details des Fotoshootings bekannt werden. Nicht nur überzeugte „Emma“-Leserinnen werden dann gehörig zucken. Lesen Sie hier mehr.

Ob Zufall oder nicht, mit seinem Kopftuch-Model kommt H&M ausgerechnet auf den Markt, wo europaweit über die Bewältigung des Flüchtlingsproblems und die Angst der unfreiwilligen Islamisierung diskutiert wird. Damit packt die Modekette ein sehr heißes Eisen an. Kluge Kommunikationsberater hätten H&M dazu geraten, von dieser Idee Abstand zu nehmen.

Andererseits: So eine Aktion demonstriert eine weltoffene Haltung. Das sorgt zwar für gehörige öffentliche Diskussionen, zahlt aber auf das Konto der gesellschaftlichen Verantwortung ein. Leider ist die Aktion gar nicht so weltoffen. Das Model Mariah holte die Erlaubnis ihrer Eltern für das – durch und durch sittsame – Fotoshooting ein. Die Interaktion mit Männern wurde auf ein Minimum ‎reduziert.

„Wenn die Kameramänner bemerkten, dass etwas nicht ganz richtig war, riefen sie Frauen, um es zu beheben. Eine der Uhren zeigte in die falsche Richtung, und anstatt sie einfach an meinem Handgelenk zu drehen, fragte der Kameramann eine Frau, ob sie schnell kommen könne“, wird das Model zitiert.

Ist das die Rolle ‎der Frau, die wir in der westlichen Welt wollen? H&M riskiert, zum Negativbeispiel für falsch verstandene Rücksichtnahme in einer Zeit zu werden, in der in den europäischen Gesellschaften die Diskussion Anlauf nimmt, wie viel Anpassung von Flüchtlingen an die westliche Lebensweise erwartet wird. Die Linie von H&M wird wohl nur von überzeugten Islam-Vertretern mitgetragen – und in diese Ecke sollte sich kein Unternehmen freiwillig begeben. Es wird Zeit, die Kopftuch-Model-Geschichte wieder in der Schublade verschwinden zu lassen, bevor sich Frauenbewegung oder Rechtspopulisten sich daran aufreiben. Dann ist es zu spät. H&M liefert damit ein schönes Beispiel für eine PR-Krise, die sich mit Feingefühl rechtzeitig verhindern lässt.

Jörg Forthmann

Update: Die öffentliche Diskussion nimmt Anlauf, wie n-tv berichtet:

Trotzdem sehen manche das Kopftuch vor allem als Symbol der Unterdrückung. Die Kölner Islamexpertin Lale Akgün kritisiert, dass H&M zwar Mode-Normen aufheben und hier Freiheit propagieren will. „Aber das islamische Kopftuch ist gerade das Gegenteil davon“, sagt die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete. „Der Hidschab ist in den Augen der orthodoxen Muslime kein Modeaccessoire, sondern eine religiöse Pflicht.“ Es gibt auch Kritik mit ganz anderer Motivation – so eine Stimme auf Facebook. Das mit dem Kopftuch-Model sei ja schön, aber: „Wenn es darum geht, in H&M zu arbeiten mit einem Kopftuch, kriegt man (…) nur Absagen.“

Jörg Forthmann
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