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Zuckerberg: streut mehr Rattengift! Ich bin immun dagegen.

Wie der Facebook-Chef in der Krisen-PR seine Gegner umarmt

„If you can’t beat them, join them.“ Das ist die neue Strategie von Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Der Datenschutz-Sünder lobt die europäische Datenschutzverordnung und erklärt sie zum Vorbild für eine globale Regulierung. Die fordert er nun auch. Warum Zuckerberg diese überraschende Wende vollzieht und warum Facebook sich dennoch überhaupt nicht ändern muss, lesen Sie hier.

 

„Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass wir zu viel Macht darüber erlangt haben zu entscheiden, was Redefreiheit im Internet ist. Politiker und Wissenschaftler rund um die Welt haben mir das gesagt, und ich stimme mit ihnen überein, dass wir einen demokratischeren Prozess brauchen, um über entsprechende Normen übereinzukommen. Offen gesagt: Das wäre wirklich hilfreich für alle.“, gibt sich Zuckerberg geläutert in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Diese Wendung ist überraschend. Der Cambridge-Analytica-Skandal ist nicht allzu lange her. Und Maßnahmen gegen politisch motivierte Beeinflussung war auch kein Lieblingsthema von Facebook. Doch nun hat der Chef des Internetriesen ein Vier-Punkte-Programm vorgelegt, das das genaue Gegenteil fordert. Das Handelsblatt kommentiert: „Zuckerberg macht den Täter Facebook zu einem Anwalt der Opfer. Dafür gebührt im vorab schon mal ein Platz im PR-Himmel.“

Die Forderung nach mehr Datenschutz und nach intensiver Abwehr von politisch motivierter Manipulation der Menschen kommt nicht freiwillig daher. Der Internetgigant muss die Zerschlagung fürchten, mindestens aber eine staatliche Regulierung, die das Geschäftsmodell einschneidend behindert. Auslöser dafür sind die Datenschutz-Ängste der Europäer und das Aufwachen der Amerikaner, dass sie bei der letzten Präsidentschaftswahl von Russland unter anderem via Facebook manipuliert wurden. Das mobilisiert Politiker weltweit. Als selbstbewußter Verbraucher könnte man meinen, dass auch die Datensicherheitswünsche der Nutzer Facebook erweicht haben könnten. Das führte wohl weniger zur inneren Einkehr von Facebook, denn der Gigant weiß: Seine Nutzer lassen sich von allzu lockerem Umgang mit persönlichen Daten nicht wirklich verschrecken.

Krisen-PR: Facebooks Forderungen sind so groß, dass sie nie wahr werden. Wie praktisch!

Nein, es ist die Angst vor der Politik. Also positioniert sich Facebook in der Krisenkommunikation strategisch neu und umarmt seine Gegner: „Ihr wollt mehr Datenschutz und weniger Manipulation der Massen? Wir auch!“ Damit geriert sich Facebook zum Vorreiter des Guten, wissend, dass die vom US-Konzern geforderte weltweite (!) Regulierung nie wahr wird. Facebook tritt also vehement für eine Fata Morgana ein. Und selbst wenn es irgendwann strengere Gesetze für Internetkonzerne gibt, Facebook hat die kritische Größe, um diese Regelungen umsetzen zu können – im Gegensatz zu kleineren Wettbewerbern. So ist es wie beim Vergiften von Ratten. Wer gegen Rattengift immun ist, stört sich auch nicht daran, wenn recht viel davon verstreut wird. Im Optimalfall verschwindet recht viel Wettbewerb, und der Stärkste überlebt.

Zuckerberg liefert damit ein Glanzstück, wie Unternehmensstrategie und Krisen-PR zusammen spielen. Jahrelang mochte man glauben, der Facebook-Chef hätte in der Kommunikation autistische Züge. Jetzt hat er den Schalter umgelegt und agiert sehr geschickt.

Jörg Forthmann

 

Jörg Forthmann
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