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Außen Öko, innen Schmutzfink?

Reputationsmanagement der Allianz versagt in Vielflieger-Affäre

Saubere Oberfläche, dreckiger Kern? Diesen Eindruck vermittelt eine von der „Welt am Sonntag“ losgetretene Berichterstattung über die Nutzung eines Firmenjets durch Allianz-Chef Oliver Bäte. Laut Informationen der Wirtschaftswoche steckt dahinter ein interner Machtkampf bei dem internationalen Versicherer. Doch dass der Angriff so gut gelingt, hat Bäte selbst zu verantworten: Seine Reaktionen auf die Fragen der Welt am Sonntag zeugen von schweren Mängeln im Reputationsmanagement.

Der Vorwurf: Öffentlich schwört Bäte seinen Konzern und seine Belegschaft auf eine neue, ökologisch verantwortungsbewusstere und nachhaltigere Richtung ein. Doch für ihn selbst sollen diese Regeln nicht gelten: Er fliegt angeblich häufig und unnötig mit einem firmeneigenen Jet durch die Weltgeschichte, gern auch auf Kurzstrecken. Lässt sich dabei auch mal zu Hause in Köln absetzen oder abholen, obwohl sein Arbeitsplatz die Münchner Konzernzentrale sei. Und verursache dabei mit dem kleinen Firmenjet fast den dreizehnfachen Kohlendioxid-Ausstoß im Vergleich zu einem Linienflug. Das passt nicht zum wohlgepflegten Öko-Image, klingt nach Wasser predigen und Wein trinken.

 

Dassault Falcon 2000 im Landeanflug
Über den Wolken… kann die Reputation schnell abstürzen:
So ein Flugzeug Modell Dassault Falcon 2000 soll Allianz-Chef Oliver Bäte für einen erklärten Klimaschützer angeblich unpassend intensiv nutzen.
Foto Quelle / ©: Bill Abbott via flickr.com / Creative Commons CC BY-SA 2.0

 

Der Eindruck, dass an diesen Vorwürfen wirklich etwas dran sein könnte, entsteht dabei allerdings in erster Linie durch die Stellungnahmen der Allianz. Bäte beging einen Fehler: Statt Profis für Kommunikation und Reputation lässt der Konzernlenker Juristen auf die Fragen der Journalisten antworten. Doch Reputationsmanagement durch Juristen geht meistens schief.

Statt sich sachlich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen und Zusammenhänge zu erklären, zieht sich die beauftragte Anwaltskanzlei auf knappe wischi-waschi-wolkenweiche Allgemeinplätze und Ausreden zurück. Der Jet werde nur zu geschäftlichen Zwecken genutzt, nur von dafür vom Vorstand zugelassenen Mitarbeitern, freitags dürfen Dienstreisen am Wohnort enden und montags dort beginnen. Ansonsten:

 

„Die Fragen von wem, wann und wohin und wie oft der Jet geschäftlich genutzt werde, betreffen ausschließlich interne Angelegenheiten unserer Mandantin und können daher nicht beantwortet werden. […] Alle weiteren Fragen betreffen geschäftliche Interna der Allianz SE und bleiben daher ohne Antwort. […] Von weiteren Fragen bittet die Allianz SE abzusehen.“

 

Die Allianz mauert. So muss beim Leser der Eindruck entstehen, dass die Allianz und Bäte etwas zu verbergen haben.

Was wollten die Anwälte mit dieser Reaktion erreichen? Glauben sie, ohne zufriedenstellende Antworten bliebe die Berichterstattung aus? Wenn ja, ist das naiv. Wer darauf verzichtet, gegenüber der Presse seine eigene Sicht der Dinge zu schildern, muss zwangsläufig damit rechnen, dass ein einseitiger Bericht dabei herauskommt.

Oder nahmen sie an, die Journalisten würden anderweitig nicht herausfinden können, wer den Flieger benutzt hat? Ebenfalls naiv, denn die Welt-Autoren konnten die Bewegungen des Jets und Bätes Termine problemlos aus öffentlichen Quellen (unter anderem einem Allianz-eigenen Twitter-Account) rekonstruieren und abgleichen.

Und wieso überhaupt Juristen mit einer derartig fachfremden Aufgabe wie Pressearbeit betrauen? Zumal es hier nicht um rechtliche Fragen geht. Bäte wird nicht vorgeworfen, seine Vielfliegerei wäre unrechtens. Sondern unredlich.

 

Wie hätte ein Reputationsprofi gehandelt?

 

Erstens: Ehrlicher und offener mit den Flugdaten umgehen. Wenn insbesondere Oliver Bäte den Jet nachvollziehbar nutzt, um zu öffentlich bekannten Terminen zu reisen, kommt hier ein Schweigen im Auge des Lesers automatisch einem Schuldeingeständnis gleich. Offenheit und Transparenz vermittelt hingegen Ehrlich- und Aufrichtigkeit.

Zweitens: Gute, nachvollziehbare Gründe für die Wahl des Jets als Transportmittel im Einzelfall liefern. Denn die gibt es durchaus. Vor allem kürzere Abfertigungszeiten, dazu flexiblere Startzeiten und die Möglichkeit, auch entlegenere Ziele direkt anzufliegen, führen zu einer erheblichen Zeiteinsparung. Und Zeit ist bekanntermaßen Geld. Der Kalender des Leiters eines international verzweigten Konzerns kann durchaus so voll werden, dass die Termine anders gar nicht eingehalten werden können. Und die Kosten, die einem Unternehmen entstehen können, wenn sein CEO weniger arbeitet, weil er länger reist und deswegen weniger Termine wahrnimmt, können schnell größer werden als die für einen Firmenjet. Das bedeutet, für jeden Flug müssen die ökologische und wirtschaftliche Verantwortung abgewogen werden.

Drittens: Für den Hinweis danken und versprechen, die ökonomische wie ökologische Sinnhaftigkeit der Jet-Nutzung nochmals zu überprüfen und zu schauen, ob die Anzahl der Flüge weiter reduziert und in mehr Fällen durch schonendere Verkehrsmittel ersetzt werden kann. Ein Versprechen, dass dann natürlich auch eingehalten werden muss.

 

So hätte Bäte seinen Kritikern schnell den Wind aus den Segeln genommen. Stattdessen hat er sie voll aufgebläht und seinen Gegnern so Vortrieb geleistet.

 

Roland Heintze

 

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Roland Heintze
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