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Opel brüskiert entlassene Mitarbeiter

Wie man mit asymmetrischer Kommunikation seine Reputation schädigt

Sich bei den Mitarbeitern für ein erfolgreiches Jahr bedanken? Erstmal eine gute Idee. Auch ehemaligen Angestellten weiterhin Mitarbeiter-Rabatte gewähren? Eigentlich auch nett. Aber wenn man beides nur ungeschickt genug miteinander kombiniert, erleidet man schnell einen hausgemachten Reputationsschaden. Wie es gelingt, den dann auch noch mit unangemessenen Reaktionen zu verschlimmern, können wir gerade bei Opel besichtigen:

Der Automobilkonzern hat neben aktuellen auch ehemaligen Mitarbeitern in einem Brief geschrieben, dass sich „ein ereignisreiches und zugleich erfolgreiches Jahr“ dem Ende neige und bedankt sich „recht herzlich für Ihr Vertrauen“. Nur, um sie dann ausgiebig darüber zu informieren, welch „attraktive“ Konditionen aktive und ehemalige Mitarbeiter beim Kauf eines Opel-Neuwagens genießen. „Oder steigen Sie alternativ ins Opel Leasing ein“, fordert die Abteilung „Verkauf an Mitarbeiter“ auf.

Das Problem dabei: Dieser fröhliche Brief ging unter anderem an tausende ehemalige Mitarbeiter, die das Unternehmen nicht freiwillig verlassen haben. Sondern im Rahmen der Massenentlassung im Zuge der Schließung des Bochumer Werks ihre zum Teil Jahrzehnte währenden Jobs verloren, im Moment noch vorübergehend in einer Transfer-Gesellschaft „geparkt“ sind – und bis heute keine neue Perspektive haben.

 

Schicker Opel bei Messe-Präsentation
Wie wäre es mit einem blitzenden Neuwagen? Für Arbeitslose vielleicht kein Thema mit hoher Priorität…
Foto „Opel/Vauxhall GTC Concept“ © GM Europe shared under a Creative Commons license CC BY-ND 2.0

 

Aus Sicht eines entlassenen Opel-Managers ist der Brief „blanker Hohn“. Er macht seinem Ärger in einem Schreiben an den Opel-Vorstand Luft, das bei der Wirtschaftswoche in voller Länge nachzulesen ist. Darin führt er unter anderem aus:

„2015 war ein schreckliches Jahr, hier wurden Tausende Mitarbeiter entlassen! Die Meisten sind über 50 und werden nie mehr einen Job finden. Sie befinden sich im Tal der Tränen und haben Angst vor der Zukunft, Angst vor einem Leben in Hartz IV. […] die Formulierung „erfolgreiches Jahr“ hat das Fass wirklich zum Überlaufen gebracht. Das liest sich für mich wie eine Provokation. […] Ich habe mehr als mein halbes Leben in die Hände dieser Firma gegeben! Dann wurde ich einfach entlassen – und jetzt soll ich Ihnen noch Geld geben für ein neues Auto?“

Und wie reagiert Opel? Verweigert zunächst der WiWo einen Kommentar zu „diesem internen Vorgang“. Als immer mehr Medien auf den Zug aufspringen – u.a. die Bild, die Rheinische Post und die Automobilwoche – eiert Opel erst noch ein wenig herum und gibt den Redaktionen dann folgendes Statement:

„Während der Transferzeit bietet das Unternehmen weiterhin die Möglichkeit der Inanspruchnahme des vom Arbeitgeber mitfinanzierten Mitarbeiter-Leasings an. […] Der Brief nimmt keinen Bezug zur Schließung des Opel-Werkes in Bochum oder wertet die Fortschritte der Transfergesellschaft.“

Opel hat hier nicht nur alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Das Statement zeigt auch, dass Opel noch nicht einmal verstanden hat, wo das Problem liegt. Kurz: Opel lässt es an Empathie mangeln.

Betriebsbedingte Kündigungen sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht in vielen Situationen eine schwere, aber richtige Wahl, um die Zukunft eines Unternehmens zu sichern. Das ist aber nur ein geringer Trost für die Entlassenen, die dadurch ihre Existenzgrundlage verlieren.

Und genau das sollte man bei der Kommunikation mit den Ex-Mitarbeitern im Hinterkopf behalten. Stattdessen ist der Brief selbst einfach nur ein plattitüdenhafter Werbetext, der offensichtlich unreflektiert an einen großen Verteiler geschickt wurde. Schon an dieser Stelle hätte sich Opel stattdessen überlegen sollen: Wer sind meine Zielgruppen, und wie spreche ich sie passend an?

Denn nach einer Werksschließung – auch wenn sie notwendig gewesen sein mag – gegenüber den Entlassenen von einem „erfolgreichen Jahr“ zu sprechen, ist auf jeden Fall unpassend. Es vermittelt Geringschätzung.

In seiner – verspäteten – Reaktion begibt sich Opel dann noch selbst in die Falle der „asymmetrischen Kommunikation“: Der entlassene Opel-Manager ist emotional entrüstet – und Opel antwortet nur kühl und sachlich. Für eine erfolgreiche Krisenkommunikation sollten Unternehmen aber gerade solche Asymmetrien zwingend vermeiden, sonst stehen sie schnell auf verlorenem Posten. (Dies ist Nummer vier der zehn entscheidenden Erfolgsfaktoren in der Krisenkommunikation.)

Opel hätte einfach nur das tun müssen, was der Ex-Manager in seinem Schreiben selbst vorschlägt:

„Lieber Opel-Chef Neumann, warum sprechen Sie uns „Opelanern“ so kurz vor Weihnachten nicht einfach Ihr Bedauern aus, dass es mit dem Standort Bochum so gekommen ist? Ein Wort des Dankes für die gute Arbeit hätte ich schon erwartet. Dann wäre ich auch bereit, wieder einen Opel zu kaufen“.

Vielleicht sollte Opel erwägen, diesen Manager wieder einzustellen – für die Kommunikationsabteilung.

 

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Roland Heintze
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