1.100 Textilarbeiter sterben im April 2013 in Dhaka als der Gebäudekomplex Rana Plaza in sich zusammenfällt – der vorläufige Höhepunkt von Katastrophenmeldungen aus pakistanischen Textilfabriken. Angesichts der Katastrophe waren die Textilhändler schnell mit Zusagen in der Öffentlichkeit: Ein Hilfsfonds für Opfer und Angehörige sollte entstehen, Arbeitsbedingungen besser werden und Sicherheit werde künftig ganz groß geschrieben. Ob diese Dynamik von der Sorge um die pakistanischen Arbeiter getragen war, sei dahingestellt. Es ging darum, im Absatzmarkt Deutschland keine Boykottbewegung aufkommen zu lassen, die zu schmerzhaften Umsatzeinbrüchen führt. Diese Angst scheint verflogen zu sein – zumindest gibt es keine wirkliche, schnelle Hilfe von Kik & Co. Das ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.
Die klammheimliche Weigerung, den schnellen Hilfszusagen Taten folgen zu lassen, könnte sich schon bald als Bumerang erweisen. Die Vereinten Nationen sind eingeschaltet, und diese Institution und ihre Unterorganisationen haben bereits mehrfach in der Vergangenheit publikumswirksam Unternehmen in die Krise gestürzt. Obendrein positionieren sich mehrere Non Governmental Organisations (NGOs). Noch ist ihnen allerdings der Sprung nach Deutschland nicht recht geglückt. Da sollten sich die Textilhändler allerdings nicht in falscher Sicherheit wähnen.
Angesichts der Bedrohungslage sind die betroffenen Unternehmen sehr gut beraten, konkrete Hilfen kurzfristig umzusetzen und diese ausführlich zu dokumentieren – in Film, Bild und Text. Wichtig ist dabei herauszuarbeiten, dass sich das Unternehmen nachvollziehbar um menschliche Schicksale kümmert. Mit diesem Rüstzeug bestehen gute Chancen, sich bei einem Boykottaufruf als positiv engagierter Textilhändler positionieren zu können. Wenn erst einmal die Boykottwelle da ist, ist Schaden nur noch schwer abzuwenden.
Jörg Forthmann