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Krisen-PR: Greta schmiert ab

Kein Grund zur Schadenfreude für Unternehmen

Greta Thunbergs Stern sinkt. Zumindest medial. Auch wenn die PR-Truppe hinter der Klimaaktivistin immer wieder neue Inszenierungen versucht, Gretas Geschichte ist erzählt und findet immer weniger Echo in den Medien. Lesen Sie hier, warum dennoch so gar kein Grund für Schadenfreude in den Unternehmen besteht.

Greta Thunberg ist zur Lichtfigur im Kampf gegen Klimaerwärmung geworden. Doch es wird immer schwieriger, sie weiterhin in die Presse zu bringen. Sie hat mittlerweile gefühlt mit jedem hochrangigen Menschen gesprochen und war bei jeder Institution als Rednerin zu Gast. Wir haben sie in unzählig vielen Ländern gesehen. Und sie auf Reisen – sei es mit Bahn oder Schiff – emsig begleitet. Im Kern bleibt es jedoch dabei, dass sie immer wieder die gleiche Geschichte erzählt – und damit für Redaktionen immer uninteressanter wird.

Das zeigt eine Analyse des Medienechos von Thunberg für die letzten Monate. Um aufkommender Kritik vorzubeugen: Für Januar gibt es keine vollständigen Daten; deshalb geht die Kurve stark nach unten. Diesen Teil der Grafik also bitte ausblenden. Doch auch so ist sichtbar: Der Hype um Thunberg flacht ab:

 

Nun könnte so mancher Krisenkommunikator aufatmen und sich freuen, dass das Thema wieder in den Hintergrund gerät. Doch damit ist nicht zu rechnen. Greta ist auf einer gesellschaftlichen Welle gesurft, und dieser gesellschaftliche Trend hälter weiter an. Wir erleben eine Schizophrenie der Gesellschaft: Einerseits wird fleißig eine bessere Welt eingefordert. Weniger Klimaerwärmung, kleinere Autos, weniger Fleisch, besser behütete Kinder, Gender allenorten – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. In der Realität verhalten sich die Menschen in ihrem kontreten Tun anders: Nie wurden so viele SUVs gekauft wie heute. Der Fleischverbrauch ist ungebrochen hoch. Bio geht nur, wenn es nicht teurer ist als gewöhnliches Obst und Gemüse. Und Gender finden die meisten Menschen spätestens dann anstrengen, wenn andere Hautfarben, Homosexuelle, Sinti und Roma die gleichen Rechte haben sollen.

Die Mehrzeit spürt zwar, dass Veränderungen nötig sind, um eine „bessere Welt“ zu haben – oder zumindest die Welt so zu bewahren, wie wir sie heute haben. Aber das muss doch bitte gehen, ohne sich einschränken oder verändern zu müssen. Doch wer soll es dann richten, wenn ich selbst nicht will? Kirche, Politik und staatlichen Institutionen werden derartige Leistungen nicht mehr zugetraut. Also müssen es die Unternehmen richten. Die Menschen delegieren die Verantwortung an die Firmen. Wenn ich Obst im Supermarkt kaufe, muss es ohne Giftspritze aufgewachsen sein. Fleisch in der Theke muss von glücklichen Tieren kommen, die ohne Leid gestorben sind. Das Auto muss abgasarm fahren, auch wenn es diesmal noch ein bißchen größer ist als zuvor. Banken finanzieren keine Umweltsauereien mehr. Und die Industrie verweigert sich bei ökologisch fragwürdigen Projekten.

Wenn Greta Thunberg und die Fridays-for-Future-Bewegung unlängst auf Siemens eingedroschen hat, weil der Konzern Technik für eine Bahnlinie zum Abtransport australischer Kohle liefert, folgt das genau dem Denkmuster der meisten Menschen. Hier lohnt ein Blick auf die Kommunikation der Thunberg-Bewegung: Andere müssen etwas tun. Andere sind schuld. Das ist ganz bequem und eine ideale Voraussetzung, um keine Sympathisanten zu verschrecken. Man möge sich die Akzeptanz vorstellen, wenn Greta Thunberg von ihren Fans fordert, keine Smartphones mehr zu nutzen, weil das Internet weltweit ein riesiger Stromfresser – und damit großer Umweltsünder – ist.

Man mag diese Schizophrenie mit Kopfschütteln sehen. Es ändert aber nichts an der Ausgangssituation für Krisenkommunikatoren: Das Risiko, in eine Kommunikationskrise zu geraten, ist gestiegen. Weil die gesellschaftlichen Erwartugshaltungen wachsen – und damit das Risiko, genau diesen Erwartungen nicht mehr gerecht werden zu können. Das erfordert eine größere Sensibilität für diese gesellschaftlichen Erwartungen in den Unternehmen.

Greta Thunberg mag unwichtiger werden. Das Problem bleibt.

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
Posted inKrisen-PR Blog: Mediengau

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2 Comments

  1. „Man möge sich die Akzeptanz vorstellen, wenn Greta Thunberg von ihren Fans fordert, keine Smartphones mehr zu nutzen, weil das Internet weltweit ein riesiger Stromfresser – und damit großer Umweltsünder – ist.“
    Ja, die Akzeptanz wäre gering, und zwar zurecht, denn rein symbolisches Handeln hilft nicht weiter. Greta geht es aber um mehr als Symbolik. Das Internet nicht mehr per Smartphone zu nutzen spart kein CO2 ein, sondern z.B. wenn endlich die Kohlekraftwerke abgeschaltet werden würden. Oder auch dass Google seine Datencenter mit regenerativer Energie betreibt.

    Der Verweis darauf, dass FfF doch selbst CO2 einsparen soll, anstatt das von Anderen einzufordern, ist eine Art von Whataboutism, dass nur den Köpfen entspringt, die den Ernst der Lage noch nicht begriffen haben. Wer wirklich mit dem CO2 runter will, weiß, dass niemandem damit geholfen ist, sein Smartphone abzustellen. Das große Rad drehen Politik und Wirtschaft.

    1. Sehr geehrte Frau Faust,

      ob Sie es nun wollten oder nicht bestärken Sie mich in einer zentralen Kritik an Fridays for Future: dass von anderen Handeln gefordert wird, aber nicht von sich selbst. Wir beide können lange darüber diskutieren, ob das Handeln der Masse ausreichen wird, um die Klimaerwärmung zu drosseln. Wirkung hätte es auf jeden Fall. Tatsächlich gibt es bereits Wissenschaftler, die Innovationen und technischen Fortschritt als wahre Lösung zur Verhinderung einer „Klimakatastrophe“ sehen. Diese Innovationen haben wir noch nicht. Deshalb ist die Frage an die Fridays-for-Future-Anhänger durchaus berechtigt, warum das Thema so konsequent an andere delegiert wird ohne sich selbst in die Pflicht zu nehmen.

      Beste Grüße
      Jörg Forthmann

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