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Krisen-PR: Warum Haribo’s Werkschließung schief geht

Für Werkschließungen muss man medial nicht verprügelt werden – so geht’s

Haribo wird für die Schließung seines ostdeutschen Werks kräftig verprügelt. Nach 30 Jahren treuer Dienste werde man vom Hof gejagt, sagen die betroffenen Mitarbeiter. Während in den USA ein neues Werk an den Start geht. Werkschließungen müssen nicht zum medialen Gau werden. Wenn man die Sache kommunikativ klug vorbereitet.

In der Krise geht es darum, die strategischen Höhenzüge in der Kommunikation zu besetzen. Das sind die Zielgruppen, bei denen das Publikum erwartet, dass das (böse) Unternehmen sich doch bitte kümmern muss. Das sind Geschädigte bei einem Werkunfall, Betroffene bei einem Produktrückruf – oder eben Mitarbeiter bei einer Werkschließung. Firmen sind in dieser Situation mit der Erwartungshaltung konfrontiert, dass sie sich um ihre Belegschaft kümmern müssen. Wer aufmerksam die Kommunikationskrisen rund um Werkschließungen beobachtet, sieht genau diesen Mechanismus.

Doch was passiert? Der strategische Höhenzug der eigenen Mitarbeiter wird dem Betriebsrat und den Gewerkschaften überlassen. Die entfachen einen öffentlichkeitswirksamen Kampf, den das Unternehmen nicht gewinnen kann. Denn der entscheidende strategische Höhenzug ist von den Gegenspielern besetzt. Das scheint manch einem womöglich eine aussichtslose Situation.

Doch die Wahrheit ist eine andere: Werkschließungen werden Monate vorher diskutiert und abgewogen. Externe Unternehmensberater sind weit vorher mit der Sache beschäftigt und bereiten lange Präsentationen für den Vorstand vor. Im Geheimen. Es wäre jedoch extrem angebracht, die Kommunikatoren rechtzeitig ins Boot zu holen. Sie sollten darauf drängen, dass die Erwartungshaltung der eigenen Mitarbeiter und der Öffentlichkeit – so gut wie möglich – erfüllt werden. Warum also nicht im Vorwege bei Nachbarbetrieben vertraulich fragen, ob gut ausgebildete Fachkräfte gebraucht werden? Warum nicht mit der Agentur für Arbeit Hilfsprogramme besprechen? Warum nicht von langer Hand vorbereiten, dass die Personalabteilung mit vielen Kolleginnen und Kollegen nach der Betriebsversammlung mit der schrecklichen Schließungsbotschaft vor Ort ist, um mit allen (!) Mitarbeitern binnen 48 Stunden zu besprechen, wie es weiter geht und wie ganz konkret geholfen wird?

Betriebsräte und Gewerkschaften haben es bei einer Werkschließung leicht, eine Front gegen das Unternehmen aufzubauen, weil die Belegschaft enttäuscht von der Firma und existentiell verunsichert ist. Da greift man jeden Strohhalm, der geboten wird. Wer weit vorher darum kämpft, eine bestmögliche Lösung für jeden Mitarbeiter anbieten zu können, verhindert diese geschlossene Front.

Und die Negativberichterstattung wird verhindert, denn auch Journalisten und Lokalpolitik werden beeindruckt sein, was das Unternehmen in der Not für seine Mitarbeiter macht.

Soweit die Theorie. Leider geschieht dies fast nie. Die Presseabteilung erfährt kurzfristig von der Werkschließung und jedwedes Engagement für die geschasste Truppe ist in den Augen des Managements nicht wirklich wichtig. Die Einsicht kommt dann später. Zu spät.

Jörg Forthmann

 

 

 

 

 

Jörg Forthmann
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