Krisen-PR: Warum wir Gutes fordern, um Böses zu tun - Faktenkontor Krisen-PR: Warum wir Gutes fordern, um Böses zu tun - Faktenkontor

Krisen-PR: Warum wir Gutes fordern, um Böses zu tun

Der Psychotrick der Verbraucher, der Unternehmen in die Krise treibt

Psychologen haben in Tests nachgewiesen, was gestandene Krisenkommunikatoren schon immer vermutet haben: Verbraucher tun Gutes, um sich bei der nächsten Sünde nicht schlecht zu fühlen. Daraus entsteht ein perverser Mechanismus für die Krisen-PR. Lesen Sie hier, wie dieser Mechanismus funktioniert.

Wenn wir etwas Gutes getan haben, verzeihen wir uns das Schlechte. Schließlich haben wir ja kurz zuvor geglänzt. Da wird man uns die kleine Sünde wohl noch nachsehen. Psychologen sprechen davon, dass sich Verbraucher gedanklich ein Guthaben an guten Taten aufbauen, von dem sie bei schlechten Taten zehren. Die Folgen sind bei vielen alltäglichen Gelegenheiten zu beobachten: Wir wollen keine Abgase, aber der nächste Wagen wird ein SUV. Leidende Schweine in den Ställen finden wir doof, aber so ein Mittagessen ohne Fleisch ist nicht wirklich attraktiv. Wir wissen, dass wir mehr Sport machen sollten, und dennoch ist ein Großteil der Bevölkerung zu dick. Diese Liste an Beispielen lässt sich beliebig fortsetzen.

Quelle der Kommunikatonskrise: Die gute Tat müssen andere liefern

Pervers wird dieses System, wenn die gute Tat nicht auf meine Kosten geht, sondern andere dafür gerade stehen müssen. Wir postulieren unseren Anspruch, nur Fleisch von glücklichen Schweinen zu kaufen – und delegieren damit die Verantwortung an Landwirtschaft und Handel. Allein , dass wir diese Forderung aufstellen, genügt uns als gute Tat. Wir fordern lauthals die Mobilitätswende und wählen neuerdings auch ganz gerne mal die Grünen – und nehmen doch lieber das Auto, denn der Nahverkehr muss ja erst noch aufgemöbelt werden. Wir schimpfen über schwarze Kassen und Korruption in den Unternehmen – und lassen das Bad ohne Rechnung fliesen. So entsteht ein gut gefülltes Guthabenkonto an guten Taten, ohne dass ich mich wirklich ändern muss.

Krisen entstehen durch enttäuschte Erwartungshaltungen. Wenn Menschen ihr Guthabenkonto der guten Taten durch engagierte Forderungen an Unternehmen füllen (anstatt selber etwas zu tun), dann wachsen die Erwartungshaltungen dramatisch an. Das ist seit Jahren sehr gut gerade im Thema Nachhaltigkeit zu beobachten. Die Unternehmen laufen unterdessen Gefahr, die immer höher gehängte Messlatte zu reißen und damit in die Krise zu schlittern.

Nutzen Sie die Sehnsucht zur Selbstdarstellung!

Was tun? Es hilft nichts, dem Verbraucher seinen Psychotrick aufzuzeigen. Denn er weiß eigentlich von seinem kleinen Trick. Kluge Kommunikatoren packen den Stier bei den Hörnern und stellen ein gutes Projekt heraus, bei dem sich die Verbraucher aktiv beteiligen können. Sie werden Teil des guten Ganzen. Damit der Effekt voll durchbricht, sollte die Beteiligung an der „Kampagne für gute Geister“ so aufgebaut sein, dass man seine gute Tat gleich in den sozialen Medien posten kann. Denn heute sind wir, was wir (in den sozialen Medien) aus uns machen. Deshalb geben wir uns so große Mühe, unsere Selbstdarstellung zu optimieren. Wer diesen Mechanismus mit dem Guthabenmechanismus kombiniert, über den die Psychologen jetzt berichten, macht alles richtig. Ein Beispiel für die Chance zur Selbstdarstellung liefert „ShareTheMeal“ der UN, einer App, in der die Menschen  via Handy 40 Cent für eine Mahlzeit in Entwicklungsländern spenden können. Nach der Spende kommt gleich das Angebot, die gute Tat über die eigenen Social-Media-Kanäle bekannt zu geben.

Und nun sind Sie dran: Wie lässt sich das in Ihrem Unternehmen umsetzen?

Jörg Forthmann

 

 

Jörg Forthmann
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