7 Regeln wenn Topmanager die Öffentlichkeit brüskieren
Franck Ribéry hat in den sozialen Medien seine Kritiker wüst beschimpft: „F***t eure Mütter, eure Großmütter und auch euren Stammbaum.“ Solche öffentliche Missgriffe passieren auch in der Wirtschaft, wenn auch nicht so drastisch. Lesen Sie sieben Regeln, wie Sie mit ausfallenden Chefs umgehen sollten.
Franck Ribéry hat in den sozialen Medien seinen gesamten Frust abgeladen:
2019 packen wir die Punkte aufs I und die Balken aufs T. Fangen wir mit den Neidern, den Hatern an, die bestimmt durch ein gerissenes Kondom auf die Welt gekommen sind. F***t eure Mütter, eure Großmütter und auch euren Stammbaum. Ich schulde euch nichts, meinen Erfolg verdanke ich vor allem Gott, mir und meinen Nächsten, die an mich geglaubt haben. Für die anderen, ihr seid nicht mehr als Kieselsteine in meinen Socken!
Auslöser für den Post war die breite öffentliche Kritik an einem vergoldeten Steak, das der Fußballer in Dubai gegessen hatte. Das Steak hatte einen Wert von 1.200 Euro – so viel, wie ein einfacher französischer Arbeiter in einem Monat verdient. Dafür hatte die Öffentlichkeit kein Verständnis. Schließlich will man sich mit „seinen“ Fußballern identifizieren können.
Scheitern an der Schere zwischen objektiver Wahrheit und subjektiver Erwartung des Publikums
Ribéry verdient als Fußballer gut und gönnt sich was. Objektiv hat er recht, wenn er sich über die überzogene Kritik an seinem Essen aufregt. Doch als Profi muss er virtuos mit den subjektiven Erwartungshaltungen und Empfindsamkeiten des Publikums umgehen. Dieser Schere zwischen objektiver Wahrheit und subjektiver Erwartung sind auch Topmanager in der Wirtschaft ausgesetzt.
Diese Herausforderung lösen nicht alle Manager wirklich souverän. Prominente Beispiele sind Elon Musk oder der VW-Vorstand. Der Job von Kommunikatoren ist es, ihre Chefs vor öffentlichen Fehltritten zu schützen. Diese 7 Regeln helfen Ihnen dabei:
1. Den Chef klug positionieren
Die Menschen wollen eine sympathische Geschichte zu prominenten Personen haben. Wer nicht sympathisch ist, wird abgelehnt. Das gilt für Vorstände börsennotierter Gesellschaften ebenso wie für den Geschäftsführer eines mittelständischen Schraubenherstellers aus der Sicht seiner Belegschaft – wie auch für Profi-Fußballer. Deshalb ist es für Kommunikatoren eine wichtige Pflicht, ihr Topmanagement intern und extern mit einer guten Story auszustatten und zu positionieren. Bei Ribéry sind die Voraussetzungen dafür ideal gewesen. So berichtet die Bild-Zeitung:
Ribéry stammt aus Boulogne-sur-Mer, einer Arbeiterstadt an der Kanalküste. 45 000 Einwohner, bis zu 60 Prozent Arbeitslosigkeit.
Damit hat der Fußballer eine gute Ausgangssituation gehabt, um ein Fußballer der Franzosen zu sein. Doch diese Geschichte wurde nie wirklich aufgebaut. Das Vakuum hat sich dann mit Negativgeschichten gefüllt: Ribéry habe für die Nationalmannschaft nicht alles gegeben. Den Trainingsboykott bei der WM 2010 soll er mit angeführt haben. Der WM 2014 blieb er wegen Rückenproblemen fern. Viele Franzosen glauben, er hätte sich für FC Bayern geschont, anstatt sich für die Grande Nation einzusetzen.
2. Chefs lernen frühzeitig: das Publikum ist ungerecht
Ribéry ist emotional verletzt, weil er sich ungerecht behandelt fühlt. Das Dumme ist: Die Öffentlichkeit ist ungerecht, und das müssen Führungskräfte akzeptieren. Kluge Kommunikatoren bereiten deshalb ihre Chefs auf vermeintlich ungerechte öffentliche Urteile vor. Das schützt vor Wutausbrüchen, wie sie der Topfußballer liefert:
Zu den Pseudo-Journalisten, die mich negativ kritisieren (aktuellstes Beispiel: der Preis dessen, was ich esse!) … Wenn ich spende (denn man hat mich gelehrt, zu spenden, wenn ich viel verdiene …), warum schreibt dann kein großes, nationales Medium darüber? Nein, ihr schreibt lieber über meinen Urlaub mit der Familie, ihr prüft meine Taten und Gesten, was ich esse etc. Oh ja, für diese Art Belanglosigkeit seid ihr zur Stelle!
Dieses Gewöhnen an die öffentliche Meinung ist ein Trainingsprozess – letztlich ist es aber auch ein „Spiel“. Mit dieser Mentalität fällt es leichter, auf negative Ausschläge souverän zu reagieren.
3. Frühzeitig intervenieren
Das Publikum verzeiht einen Fehltritt. Aber dann wird erwartet, dass man sich bessert – und kein weiterer Fauxpas passiert. Deshalb sind Kommunikatoren klug beraten, nach einem öffentlichkeitswirksamen Fehler eine Notbremsung einzulegen. Ribéry ist ein gutes Beispiel, wie sich die Abwärtsspirale entwickelt:
Er hat 2009 Sex mit einer minderjährigen Prostituierten. 2012 schlägt er im Streit Teamkollege Arjen Robben (34) in der Kabine ein Veilchen ins Gesicht, bekommt 50 000 Euro Geldstrafe. Vergangenen November wird er wieder handgreiflich, ohrfeigt einen französischen TV-Experten nach der Pleite in Dortmund (2:3).
4. Eine Entschuldigung – nicht mehr
Zu einem Fehltritt gehört eine vernünftige Entschuldigung. Damit verbunden ist das Versprechen, künftig derartige Fehler nicht mehr zu machen. Wer sich nicht entschuldigt, verstärkt den negativen Impuls des Fehlers. Ribéry ist auch für diesen Fehler ein Musterbeispiel. Eine öffentliche Entschuldigung brachte er erst nach der Ohrfeige gegen den Journalisten heraus. So einer macht sich in den Augen der Menschen nicht sympathisch.
5. Lasst schwierige Chefs nicht alleine in die digitale Welt
16 Stunden vor dem Tweet schrieb Ribéry:
Oooh, ich muss wohl ein paar Mütter beleidigen. Bis morgen, gute Nacht“. Dann legte der Franzose nach: „Ich gehe duschen, was essen, trinke einen Espresso und dann bin ich bei euch.
Der Social-Media-Post war also kein unkontrollierter emotionaler Ausbruch, sondern ein Tabubruch mit Ansage. Anders formuliert: Selbst eine Nacht zum Nachdenken hat nicht zu einer Besinnung geführt.
Es ist modern geworden, dass CEOs twittern oder bloggen. Kehrseite dieses Ansatzes ist das Risiko, dass der Chef einen törichten Post absetzt. Wer einen emotionalen Topmanager betreut, sollte deshalb darauf drängen, dass das Einstellen der Posts durch das Kommunikationsteam erfolgt. Zumeist sind die Manager ohnehin froh, wenn sie in der digitalen Kommunikation unterstützt werden. Da lässt sich der qualitätssichernde Arbeitsprozess leicht realisieren – sogar mit Zustimmung des Chefs 😉
6. Die Ehefrau bleibt zu Hause
Wahiba, die Ehefrau des Bayern-Stars, hatte bereits vor Ribéry das Gold-Steak (24 Karat Blattgold/1200 Euro) auf ihren Social-Media-Plattformen verteidigt.
Topmanager erzählen zu Hause, was sie erlebt haben. Und sie nehmen das Echo ihrer Ehefrau zurück in die Firma. Gerade in Ausnahmesituationen wird die Sicherheit des vertrauten Umfelds gesucht. Kommunikationschefs werden nie das gleiche Vetrauen ihrer Chefs haben wie die Ehefrau. Trotzdem müssen sie so viel Vertrauen aufgebaut haben, dass sie der wichtigste Ratgeber bleiben. Pappkameraden aus der Pressestelle fallen in dieser Lage um.
7. Wenn alles nichts hilft: Tschüß
Man kann sich seinen Chef nicht aussuchen. Wer mit seinen Bemühungen scheitert, sollte sich einen anderen Job suchen. Love it, change it or leave it.
Jörg Forthmann