Unfreiwillige Öffentlichkeit als Dickmacher provoziert
Nutella möchte in den USA die Angaben zum Kalorien- und Fettgehalt auf den Etiketten halbieren. Dafür benötigt der Süßwarenhersteller die Zustimmung der Food and Drug Administration (FDA). Die FDA befragt kurzerhand die Amerikaner zu ihrem Nutella-Konsum – und macht so das klammheimliche Bedürfnis der Nutellaproduzenten bekannt. Lesen Sie hier von einem unglücklichen Eigentor.
Die Nuss-Nougat-Creme ist in den USA als „Dessert-Topping“ eingestuft. Deshalb richten sich die Kalorien- und Fettangaben auf dem Etikett an einer Portionsgröße von zwei Esslöffeln aus. Das ist arg viel: Nutella glänzt mit 200 Kalorien und elf Gramm Fett pro Portion. Deshalb kamen die Nutella-Manager auf die Idee, bei der zuständigen Aufsichtsbehörde – der Food and Drug Administration (FDA) – eine neue Einstufung zu beantragen. Gerne würde man ebenbürtig wie Honig, Marmelade oder Gelee behandelt werden. Alternativ könnte auch eine neue Produktklasse erfunden werden: nuss-kakao-basierte Aufstriche. In beiden Fällen würde der Aufstrich plötzlich viel schlanker daher kommen. Wahrscheinlich müßte man sich nur an einem Esslöffel messen lassen.
Nutella hat harte Argumente parat: Die bisherige Einstufung beruhe auf einer Umfrage aus dem Jahr 1991, bei der noch 27 Prozent der Amerikaner angegeben hatten, Nutella mit Eiskrem zu essen. Nach einer aktuellen Umfrage aus dem Hause der Nutella-Inhaberin Ferrero von 2012 unter 722 Müttern gaben 74 Prozent der Befragten an, die Creme auf Brot, Toast oder Sandwich zu essen. Nur noch 2 Prozent essen Nutella mit Eis.
FDA entfacht Negativberichte zu Nutella
Diesen Antrag hätte die FDA einfach durchwinken können. Hat sie aber nicht. Im Internet lädt sie die Amerikaner dazu ein, bis zum 3. Januar Auskunft über ihren Nutella-Konsum zu geben. Für Nutella ist diese Aktion der FDA ein Eigentor. Dank der Umfrage erfahren Journalisten von dem FDA-Antrag und berichten vollmundig über die inneren Werte der süß-sündigen Nuss-Nougat-Creme. Der FDA ist diese Aufmerksamkeit recht, denn so forciert sie ihre Online-Umfrage. Ferrero wird sich hingegen vermutlich gehörig ärgern. Aus der klammheimlichen Kalorien- und Fettdiät ist eine aufgeblähte Berichterstattung zum Dickmacher Nutella geworden.
Absehbar war dieses Eigentor nicht. Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack für die Nutella-Manager: Die FDA ist unberechenbar, vor allem wenn es um leicht durchschaubare Marketingansinnen geht.
Jörg Forthmann