Ausgerechnet Good-Governance-Beauftragter beim Tricksen erwischt
Olympia-Funktionäre sind korrupt – außer in Deutschland! Das zumindest soll man vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) glauben. Doch nun musste dummerweise ausgerechnet der Good-Governance-Beauftragte gestehen, dass er die Belästigung einer Frau durch einen Funktionär verschwiegen hat. Lesen Sie hier, wie sich der DOSB selber unglaubwürdig macht.
Was ist passiert? Eine Trainerin hatte 2015 dem Good-Governance-Beauftragten des DOSB, Jürgen Thumann, eine „Belästigung“ durch ein Führungsmitglied des Verbands gemeldet. Belegen konnte sie ihren Vorwurf mit SMS-Protokollen. In dem mit 2 Seiten ohnehin recht kurz geratenen Good-Governance-Bericht tauchte dieser Verstoß gegen den Ethik-Kodex allerdings nicht auf. Statt dessen schrieb Thumann:
Verstöße gegen die Good-Governance-Regeln sind mir nicht angezeigt oder sonstwie bekannt geworden.
Doch – wie peinlich – zur Mitgliederversammlung am vergangenen Samstag schreibt Thumann laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“:
Für den Berichtszeitraum 2015 möchte ich ergänzen, dass ich einen Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen den Ethik-Kodex erhalten hatte.
Der DOSB hat sich mit dieser Korrektur ein gewaltiges Eigentor geschossen: Das Berufen eines Good-Governance-Beauftragten ist die öffentliche Zusicherung, dass der Verband von höchster Stelle jedweden Verstoß gegen den eigenen Ethik-Kodex ahndet. Wenn das nicht funktioniert, wächst das Misstrauen umso stärker.
Krisen-PR kann nicht beliebig gegen Missstände ankämpfen
Dabei sollte doch wenigstens in Deutschland die Fahne der Ehrenrührigkeit und Ehrlichkeit hoch gehalten werden. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro bekundete DOSB-Präsident Alfons Hörmann noch, die Fixierung auf Medaillengewinnen nach dem Doping-Skandal um Russland sei nicht die erste Priorität. Gerade in solchen Zeiten sollte „der Fokus weniger auf Metall, sondern vielleicht wieder mehr auf Charakter, Herzblut und Leidenschaft liegen“. Entspricht das Decken eines Topfunktionärs, der eine Frau belästigt, diesem selbst gesetzten Anspruch? Nein!
Der DOSB liefert damit ein unrühmliches Beispiel, dass das Aufbauen einer Scheinwelt als Ausweg aus einer PR-Krise nicht funktioniert. Die Scheinwelt bricht ob der dahinter liegenden Realitäten wieder in sich zusammen, und das Publikum glaubt dem Absender noch weniger.
Klüger wäre vom DOSB das Eingeständnis gewesen, dass der Verband und seine Funktionäre tatsächlich nicht fehlerfrei sind und dass man sich konkret um Besserung bemüht. Das Aufflackern von Missständen wäre ein Signal gewesen, dass das Aufräumen noch nicht zu Ende ist und dass man weiter um eine saubere Organisation kämpft. Dieser Ansatz in Verbindung mit öffentlich sichtbaren Konsequenzen wäre geeignet gewesen, wieder stückweise Vertrauen in die Olympia-Organisation aufzubauen.
Ein Haken bleibt allerdings: Jedwede Krisen-PR für den DOSB wird immer scheitern, wenn der Sportbund nicht die Ethik lebt, die er sich selbst verordnet.
Jörg Forthmann