Manche Kurskorrektur tut weh. Nestlé hat trotzdem die Absenkung des Zuckeranteils um rund 24 Prozent und des Salzgehalts um 12 Prozent bei Frühstücksflocken angekündigt. Dieser Entschluss ist mutig, denn es ist genau das passiert, was vorhersehbar war: Verbraucherschutzorganisationen nutzten die Chance und prügelten auf Nestle und die gesamte Lebensmittelindustrie ein. Die Industrie sei schuld an Fettleibigkeit und damit für hohe Krankheitskosten. Jeder achte Todesfall in Europa sei auf Übergewicht zurückzuführen. Nestlé hat sich trotzdem richtig entschieden, denn die Sensibilität beim Einkauf für hohe Zuckermengen steigt. Auf Sicht wird der jetzt verkündete Plan allerdings nicht reichen. Die NGO’s verlangen mehr. Jetzt erst recht. Erfolg macht hungrig. Die Lebensmittelindustrie hat sich als famoser Gegner von Foodwatch & Co. in die Sackgasse monövriert. Es fehlt ihr die gesellschaftliche Akzeptanz von Genuß und der Freiheit des Einzelnen, auch mal unvernünftig sein zu dürfen. Das ist kommunikativ lösbar. Die NGO’s haben ihre Angriffe auf die Hersteller entkoppelt von den Essensgewohnheiten der Verbraucher, denn es ist schizophren, dass der Bürger sich der Kritik an der Industrie leichtfüßig anschließt, aber am nächsten Morgen seine geliebten Frühstücksflocken selbstverständlich genießt. Das ist die Lücke, in die Nestlé hineinstoßen muss.
Jörg Forthmann