Welch großer Druck auf Topmanager in einer Krise lastet, ist derzeit bei der Provinzial Nordwest zu beobachten. Der Chef der Versicherungsgruppe, Ulrich Rüther, hat sich selbst mit einem Schraubendreher Verletzungen beigebracht. Seinen Erzählungen nach sei er von einem Unbekannten beim Weg von der Tiefgarage ins Büro überfallen worden. Der Gedanke lag nahe, dass ihm jemand den Gedanken übel nahm, die Provinzial Nordwest an die Allianz zu verkaufen. Nun ist Rüther eingeknickt und hat gegenüber Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft eingeräumt, den Anschlag vorgetäuscht zu haben. Warum tut ein Vorstandsvorsitzender so etwas?
Rüther war der Böse, der den Verkauf vorangetrieben hat. Und die Rolle des Bösen ist allenorts spürbar. Mitarbeiter, Manager und andere Versicherer bauen subtil Druck auf, schneiden Manager oder brüskieren sie sogar. Das muss man aushalten können. Die Flucht in die Opferrolle ist eine vermeintliche Lösung: Plötzlich wird man bedauert und nicht mehr offensiv angegriffen – wer macht das schon bei einem Menschen, der heimtückisch angegriffen wurde? Menschlich ist diese Geschichte bedauerlich. Es zeigt aber auch ein großes fachliches Defizit: Rüther hat es nicht verstanden, seine Strategie zu kommunizieren. Und zwar nicht erst als die Verkaufsgerüchte mit der Allianz bekannt wurden. Ein kluger Manager hätte diese Entwicklung in seinen Erklärungen, wohin der Weg der Versicherung geht, bereits frühzeitig die Weichen gestellt und den Boden bereitet für einen derartigen Einschnitt. Leider werden strategische Weichenstellungen im Management zu oft nicht kommunikativ mitgedacht.