Die Interessenvertretung der Ryanair-Flugkapitäne RPG hat der Fluggesellschaft den Krieg erklärt. Zuerst gab es einen Dokumentarfilm, der vermeintliche Sicherheitsmängel bei Ryanair offenbarte. Dann wurde am Wochenende eine Umfrage unter Ryanair-Piloten öffentlich, wonach 94 Prozent der Flugkapitäne eine Untersuchung der Sicherheitsstandards durch die Aufsichtsbehörden fordern. Urheber der Umfrage: RPG. Und was tut Ryanair? Es wirft einen Piloten raus, der sich öffentlich kritisch zu Ryanair geäußert hat. Und tappt damit in die David-Goliath-Falle der Gewerkschaft: Kleine Piloten wehren sich gegen die übermächtige, gewinnsüchtige Ryanair. Der Rauswurf bestätigt nur noch dieses Bild.
Unabhängig, wie die Sicherheitsstandards bei Ryanair wirklich sind, kommt die Fluggesellschaft aus dieser Kommunikationskrise nicht selbst heraus. Die Gewerkschaft mobilisiert die Piloten als oberste Zeugen, dass die Billig-Airline bei der Sicherheit schlampt. Obendrein liefert RPG Bilder und Zahlen – also sind die Behauptungen aus Sicht der Öffentlichkeit wahr. Ryanair hat sich in die Ecke des Lügners schieben lassen und kommt aus dieser Ecke nicht mehr raus. In dieser Lage hilft nur eine unabhängige Untersuchung durch einen glaubwürdigen Dritten, der klar die Sicherheitsstandards untersucht und öffentlich berichtet. Bereits das Berufen dieses Unabhängigen wird Zweifel aufkommen lassen, ob Ryanair wirklich Sicherheitsmängel versteckt.
Denn auf eine Frage hat RPG keine Antwort: Wenn es wirklich so furchtbar schlimm ist, warum fliegen denn bloß 1.000 Piloten weiterhin für Ryanair? Der David hat eine Achillesferse, und das ist seine Glaubwürdigkeit. Bei David-Goliatrh-Auseinandersetzung muss es das oberste Ziel sein, diese Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen (soweit das möglich ist, klar).
Das Vorgehen der RPG kommt uns übrigens bekannt vor. Prominentes Opfer der Gewerkschaften nach ähnlichem Strickmuster war jüngst Amazon in Deutschland.
Jörg Forthmann