Krisen-PR: Doch nichts aus dem Victory-Zeichen von Josef Ackermann gelernt?
Aufsichtsrat und Vorstand von VW haben eine Hauptversammlung unter schlechtesten Bedingungen zu absolvieren gehabt: eine Klage der BaFin wegen Marktmanipulation gegen den gesamten Vorstand, Millionen von Kunden mit manipulierter Abgassoftware und milliardenschwere Schadenersatzforderungen. Man möchte meinen, dass die Topmanager sich demütig und ernsthaft vor den Aktionären präsentieren. Weit gefehlt.
Als der Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann im Gerichtssaal seine große Freude mit einem Victory-Zeichen verkündete, lieferte er ein Lehrstück für Topmanager: Vor Gericht erwartet das Publikum keine Siegerpose, sondern Demut. Auch der Aufsichtsrat und die Vorstände von VW hatten gestern allen Grund, sich demütig zu zeigen. Dieselgate ist längst nicht gelöst: In den USA wird über milliardenschwere Vergleiche verhandelt, in Deutschland bereitet eine Kanzlei 100.000 Klagen von VW-Kunden vor, die BaFin hat den gesamten Vorstand wegen Marktmanipulation angeklagt und – so ganz nebenbei – Millionen von VW-Kunden warten darauf, dass ihr Auto endlich instand gesetzt wird. All das löst bei Aktionären und Kunden so gar keine Freude aus.
Umso mehr wundert es, wie freudestrahlend, ja, sogar lachend, sich Aufsichtsräte und Vorstände auf der Bühne der Hauptversammlung präsentieren. Fotos und Filmaufnahmen der offensichtlich gut gelaunten Herren gehen durch die Medien, und das Publikum fragt sich verwundert: „Merken die noch was?“ Wo ist die Demut, das Zerknirschte, das echte Bereuen?
Krisen-PR erschöpft sich nahezu in der Entschuldigung des Aufsichtsratsvorsitzenden
Das war offensichtlich mit der Entschuldigung von Volkswagen-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch abgearbeitet: „Ich möchte mich bei Ihnen dafür entschuldigen, dass wir Ihr Vertrauen enttäuscht haben. Das bedauern wir zutiefst.“ Außerdem gab er zu Protokoll: „Volkswagen steht in diesen Tagen vor der größten Bewährungsprobe seiner Unternehmensgeschichte.“
Worte und Bildern fallen allerdings weit auseinander. Wer „zutiefst bedauert“ und gerade mit der „größten Bewährungsprobe der Unternehmensgeschichte“ kämpft, präsentiert sich nicht freudig lachend. Nun mögen die Herren Topmanager einwenden, dass sie ja erst eine ganze Zeit nach den ernsten Worten von Pötsch lachend auf der Bühne standen. Doch das zählt aus Sicht der Öffentlichkeit nicht, denn an der ernsten Unternehmenssituation und dem millionenfachen Betrügen von Kunden hatte sich nicht geändert.
Krisenkommunikatoren zu wenig in Vorbereitung der Hauptversammlung eingebunden?
Man möchte meinen, dass die Herren intensiv auf diese Hauptversammlung vorbereitet wurden. Doch das waren offensichtlich vorzugsweise Juristen. Krisenkommunikatoren hätten wohl noch ein paar Ratschläge mitgegeben, wie man sich in so einer Situation vor Aktionären und Kunden präsentiert.
Jörg Forthmann