Wie sich das StartUp als Opfer aufplustert, um VW noch mehr zu schaden
myRight verklagt VW im Namen von 45.000 Dieselgate-Geschädigten. Ein Kampf David gegen Goliath. Diese Rolle als der edle Held, der gegen den großen, bösen Konzern kämpft, spielt das StartUp sehr gern. Nun setzt es dem noch die Spitze auf. Sehen Sie hier, wie myRight den Schwung des Gegners nutzt, um den Autokonzern öffentlich auf’s Kreuz zu legen.
In der aktuellen Ausgabe des Spiegels steht eine spannende Geschichte, wie VW händeringend versucht, den Wadenbeißer myRight los zu werden: Die Wolfsburger wehren sich nun nicht nur gegen die Dieselgate-Klage, sondern sie wollen das Geschäftsmodell von myRight für illegal erklären lassen. So würde sich eine milliardenschwere Sammelklage erfreulich in Luft auflösen. „Kronzeuge“ des Autokonzerns sei der Rechtsanwalt Daniel Valdini, der in einem Aufsatz in einer Fachzeitschrift zum Schluß kommt, dass eine Inkassofirma wie myRight allein das finanzielle Risiko des Prozesses trage und daher nicht verlässlich immer im Sinne ihrer Kunden handele. Valdini ist mit diesem Thema zuvor noch nie sichtbar geworden. Er ist Kartell- und Vertriebssrechtler bei der Kanzlei White & Case. Seine Ehefrau hingegen – so der Spiegel – arbeite als Anwältin bei Freshfields Bruckhaus Deringer in dem Team, das Volkswagen ausgerechnet gegen myRight berät. So ein Zufall!
VW soll zwei Juristen ferngesteuert haben, um myRight aus dem Prozess herauszukatapultieren
Doch damit nicht genug. Ohne den emeritierten Professor der Uni Erlangen und früheren Richter am Bundesgerichtshof, Reinhard Greger, wäre Valdinis Aufsatz „nie hoffähig geworden“, konstatieren die Journalisten. Greger veröffentlichte selber einen Aufsatz in der „Monatsschrift für Deutsches Recht“ und bezog sich dabei ausdrücklich auf Valdinis Aufsatz. Allerdings ist der Edeljurist gleichzeitig Gutachter für VW in den Gerichtsprozessen gegen myRight – und damit wahrhaftig nicht unabhängig.
Dem Spiegel zufolge hat VW also gezielt in der juristischen Szene die Strippen gezogen, um den Boden zu bereiten, myRight das Klagerecht zu entziehen. Das allein ist schon spannend zu sehen.
Krisen-PR: VW hat myRight kommunikativ unterschätzt. Erneut.
Noch spannender ist jedoch, wie MyRight mit diesem Angriff umgeht. Der Spiegel-Artikel ist mit zahllosen Details gespickt und bedarf diverser Hinweise von Menschen, die den Sachverhalt intensiv kennen. Deshalb ist es wohl wahrscheinlicher, dass myRight den Spiegel voll dokumentiert hat, um den arglistigen Angriff des Goliaths VW auf den armen David myRight öffentlich zu machen. So hat sich der juristische Angriff der VW-Juristen möglicherweise bereits erledigt, weil er unliebsam öffentlich wurde und nun wohl auch unter Juristen nicht mehr tragfähig ist. Gerichte mögen es nicht, wenn sie an der Nase herumgeführt werden. Das Landgericht Braunschweig hat via Spiegel die Intrige brühwarm serviert bekommen und man ahnt, auf welche Begeisterung dies bei den Richtern trifft.
myRight hat damit sehr klug den Schwung des Gegners genutzt, um ihn auf’s Kreuz zu legen. Das hat aus Sicht des StartUps einen weiteren, großen Vorteil. Es untermauert auf diesem Weg seinen Status als David – was nicht wirklich stimmt. myRight ist ein Ableger von flightright, der quasi industriell Forderungen von Passagieren gegen Fluggesellschaften einfordert. Geld zur Finanzierung der Massenklage gegen VW gibt es von einem amerikanischen Prozessfinanzierer. Der amerikanische Staranwalt Michael Hausfeld führt zudem das Zepter im Prozess gegen Volkswagen. Die Welt schreibt dazu:
Entworfen hat die Argumentation die Kanzlei des amerikanischen Staranwalts Michael Hausfeld. Er ist bekannt geworden, weil er für Zwangsarbeiter in der Nazizeit, die Opfer der „Exxon Valdez“-Ölpest und viele andere Kläger Milliarden von Dollar erstritten hat. Nun nimmt er sich Volkswagen vor. Die Kanzlei hat im Zuge der Abgasaffäre extra einen Berliner Ableger am Kurfürstendamm eröffnet. Dort arbeitet Hausfelds deutscher Kollege Christopher Rother an Klagen gegen VW.
Krisen-PR-Strategie der Wolfsburger ohne Aussicht auf Erfolg
Auch wenn myRight gerne so tut: Es ist kein kleiner David. Aber das ist vorerst auch egal. VW begeht ohnehin kommunikativ den strategischen Fehler, nicht um die wichtigste Zielgruppe im Dieselgate-Skandal zu kämpfen: die betroffenen Autofahrer. So lange die Wolfsburger diesen strategischen Höhezug ihren Gegnern überlassen, werden sie jämmerlich in der öffentlichen Auseinandersetzung verlieren. myRight & Co. freut’s!
Jörg Forthmann