Liebe Deutsche Bank, Du hast es wirklich nicht leicht. Alle trampeln auf Dir rum, und dann entsteht der Eindruck, Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen schickt einen Tweet in die Welt – just als er im Saal des Landgerichts München sitzt. Schon wieder eine Missachtung des Gerichts? Eine Wiederholung des Victory-Zeichens von Ackermann? Nein, sicher nicht, aber ein Lehrstück für selbstverschuldete Irritationen der Öffentlichkeit.
Am Dienstag ging um 10.49 Uhr der Tweet von Jürgen Fitschen raus: „As a Long-term Partner of the @BerlinerPhil we welcome the election of Kirill Petrenko as Chief Conductor“. Das Problem dabei: Der Co-Vorstandsvorsitzende sitzt derzeit jeden Dienstag in München vor Gericht. Vor dem geistigen Auge entsteht das Bild des gelangweilten Deutsche Bank-Managers auf der Anklagebank, der auf seinem Smartphone Tweets verschickt.
Damit würde Fitschen in die unrühmlichen Fußstapfen von Josef Ackermann mit seinem Victory-Zeichen treten. Der Text ist allerdings so Marketing-geglättet, dass man ihm geradezu ansieht, dass das keine spontane Begeisterung des Topmanagers sein kann. Und in der Tat: Auch wenn der Tweet im Namen Fitschens rausging, er hat ihn nicht persönlich abgeschickt.
Der Tweet im Namen Fitschens hätte keinesfalls online gehen dürfen als er im Gerichtssaal saß. Es dürfte allen Mitarbeiter der Bank bekannt sein, wann ihr Chef vor Gericht ist – eben an jedem Dienstag. Da sind derartig unglückliche Tweets leicht zu vermeiden.
Und warum ist der Tweet nahezu ungesehen untergegangen?
- Beim Victory-Zeichen Ackermann gab es Fotos, die durch die Republik gingen. Der Skandal war sichtbar. Hier gibt es nur Abbildungen eines langweiligen Tweets.
- Ackermann zeigte übermütig das Siegeszeichen im Gerichtssaal. Fitschens Tweet behandelt ein Geschehnis weit außerhalb des Gerichts.
- Der Tweet ist so marketinglastig, dass er kaum von Fitschen hochpersönlich kommt. So hat schlechtes Handwerk auch mal einen echten Vorteil.
So bleibt es bei einem bedauerlichen Unfall ohne große Folgen. Wer derart unter Beobachtung steht wie die Deutsche Bank, sollte allerdings das Glück nicht allzu oft auf die Probe stellen.
Jörg Forthmann