Das Handelsblatt frohlockte letzte Woche über einen Nachrichtencoup: VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch werde aus gesundheitlichen Gründen sein Amt vorzeitig räumen. VW hatte dementiert, das Handelsblatt berief sich auf Insider und druckte die Geschichte. Vorsichtshalber formulierte die Redaktion ihre Überschrift als Frage „Volkswagen ohne Piëch?“, denn der Auto-Patriarch ist dafür bekannt, bei Missfallen einer Berichterstattung das Medienrecht drakonisch einzusetzen. Gerade deshalb ist es interessant, den Fortgang der Berichterstattung zu beobachten. Tags drauf schieib Herausgeber Gabor Steingart in seinem Handelsblatt Morning Briefing:
„Dort denken, wie berichtet, einige Top-Manager über den vorzeitigen Abgang von Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch nach. Der 76-Jährige meldete sich postwendend zu Wort: „Totgesagte leben länger“. Aber nicht ewig, lästern nun seine internen Kritiker. Piëch sollte sich nicht grämen: Exzellenz macht einsam. Für Volkswagen, soviel Parteinahme sei gestattet, wäre es wahrscheinlich das Beste, der Autogott würde ewig leben.“
Auf einmal sind es nur noch Gedankenspiele von VW-Top-Managern, und vorsichtshalber schickt Steingart hinterher, es wäre gut, „der Autogott würde ewig leben.“ Das riecht arg nach juristischer Keule, die zwischenzeitlich eingeschlagen ist.
Heute berichtet Steingart in seinem Morning Briefing:
„Ferdinand Piëch erschien ebenfalls zur IAA – mit guter Laune und Gattin Ursula. Er werde bis 2017 Aufsichtsratschef bleiben, sagte er. Von Vorbildern sprach er nicht. Er hat ja sich selbst.“
Das ist wahrlich keine heiße Nachricht gewesen. Warum also hat Steingart sich bemüht, die Sicht Piëchs nochmal herauszustellen? Ohne es zu wissen, sieht das nach einem Deal aus. Piëch hat einen gut (was unverzüglich eingelöst wird) und hört mit der juristischen Wadenbeißerei auf. Und beide wahren ihr Gesicht. Schön gemacht.
Update: http://www.wuv.de/medien/aerger_um_piech_geschichte_handelsblatt_zieht_vw_experten_ab
Jörg Forthmann