Die Schlacht um Lützerath flimmert über alle Bildschirme. Mittendrin: RWE. Wie schlägt sich der Energiekonzern in dieser Auseinandersetzung? Welche Ansätze für die Krisenkommunikation liefert die Medienanalyse? Und welche Geschichte ist bislang von RWE viel zu wenig genutzt worden? Dazu hier mehr.
Die Räumung der Siedlung Lützerath, um für den Kohleabbau Platz zu machen, ist für RWE medial hoch unerfreulich. Die „apokalyptischen drei Reiter“ prägen die Medienresonanz der letzten Tage: Eine hohe Reichweite mit negativer Tonalität wird durch eine hohe Viralität zusätzlich angefeuert. Obendrein spricht eine hohe Viralität für eine hohe Emotionalität, so dass der Energiekonzern wenig Chancen hat, mit rationalen Argumenten durchzudringen. Es geht um Emotionen und um Bilder.
Gleichwohl lohnt ein Blick in die Medienanalyse: Etwa zwei Fünftel der Berichterstattung findet auf Twitter statt. Damit gibt es im Kurznachrichtendienst mehr Meldungen als in den Nachrichtenmedien. Twitter ist somit für die Krisen-PR besonders wichtig. Bei der Viralität ist es NICHT so, dass die Viralitätswerte nach oben geschnellt sind und oben bleiben. Es gibt hier einzelne Peaks, die vor allem durch einzelne Veröffentlichungen ausgelöst werden. Hier lohnt ein tieferer Blick, was diese Dynamik auslöst – um diese Effekte künftig nach Möglichkeit zu meiden.
Eine Geschichte hat RWE in der Krisenkommunikation nicht gespielt
Insgesamt ist Lützerath für RWE eine unvermeidliche Krise. Die Kohle wird gebraucht, so RWE, also muss geräumt werden. Tatsächlich wurde in den letzten Tagen berichtet, dass RWE das Stromerzeugungsgeschäft mit Kohle gerne lieber heute als morgen loswerden würde. Auch wenn es Vater Statt übernähme. Das schmutzige Geschäft mit der Kohle führt zu Refinanzierungsproblemen am Kapitalmarkt, so dass die Konzentration auf „saubere Energien“ in Essen angesagt ist. Allerdings hat der Staat aus Sorge vor Strommangel die Verstromung von Kohle eingefordert. Damit ist eigentlich der Staat und nicht RWE Treiber des Kohleabbaus. Das hätte RWE deutlich stärker herausstellen können, denn das würde unmittelbar zu einer Verschiebung des Gesamtbildes führen. „Wir hören sofort auf, Kohle abzubauen, um Strom zu produzieren. Aber wir sind vom deutschen Staat in die Pflicht genommen worden.“ Das wäre unfreundlich gegenüber der Politik, aber – aus rein kommunikativer Sicht – eine hilfreiche Variante gewesen.
Jörg Forthmann