Umweltfreundlicher LNG-Antrieb wird durch Diesel ersetzt
Die AIDA-Kreuzfahrtreederei war vorbildlich im Umweltschutz und hat auf zwei Schiffen die schmutzigen Dieselmotoren durch LNG-Antriebe ersetzt. Doch jetzt – wo LNG-Gas auf dem Weltmarkt sehr teuer geworden ist – werden die Schiffe mit dem Kussmund am Bug doch wieder auf Diesel umgerüstet. Die alten Dreckschleudern sind also demnächst wieder zurück. Trotzdem gerät AIDA deswegen in keine Kommunikationskrise. Warum bloß?
Die Reputationsanalyse von AIDA ist erstaunlich: Obwohl die Rückkehr zu den schmutzigen Dieselmotoren für „AIDAcosma“ und „AIDAnova“ angekündigt wurde, ist die Nachhaltigkeitsreputation weiterhin sehr positiv. Eigentlich hätte diese Ankündigung zu einem Sturm der Entrüstung führen müssen. Denn mit den LNG-Antrieben hat sich AIDA als Vorreiter im Umweltschutz unter den Kreuzfahrtgesellschaften positioniert – und sich selbst eine große Fallhöhe geschaffen.
Dass diese Krisengefahr nicht wahr wurde, liegt am Kontext der Drecksdiesel-Ankündigung. Deutschland hat sich aus Angst vor kalten Wohnzimmern und fehlendem Strom pragmatisch für mehr Kohle und Atomenergie entschieden. Da wird es der Kreuzfahrtgesellschaft offensichtlich nachgesehen, wenn auch sie in der Not zu einer Umweltsünde greift.
Für AIDA ist dieser Umfeld-Effekt positiv. Der Effekt kann aber auch negative Auswirkungen haben, zum Beispiel wenn schlimme Bilder aus der Ukraine über den Fernsehbildschirm flimmern und Putin erneut mit Atomwaffen droht und dann die Frage aufkommt, welche deutschen Firmen immer noch Geschäfte in Russland machen. Hier führt das Umfeld zu einer subjektiven Verschärfung der Situation. Insofern sind Krisenkommunikatoren gut beraten, in der Bewertung einer Krise auch das aktuelle Umfeld einzubeziehen.
Jörg Forthmann
