Rama ist die „Mogelpackung des Jahres 2022“, gekürt von der Verbraucherzentrale Hamburg. Das Unternehmen verkauft „Rama“ seit vergangenem Jahr mit 400 statt 500 Gramm Inhalt zum selben Preis. Das Produkt wurde so um 25 Prozent teurer. Lesen Sie hier, warum die „Mogelpackung“ für Rama zur Unzeit gekommen ist – und warum die negative Reaktion so stark ausgefallen ist.
Die Verbraucherzentrale Hamburg kürt jedes Jahr die Mogelpackungen und straft damit versteckte Preiserhöhungen durch weniger Inhalt in der Verpackung an den Pranger. Dieses Jahr wurde Rama von den Verbrauchern auf Platz 1 gewählt, gefolgt von Leerdamer, Calgon, Goldbären von Haribo und Pringles. Die Auszeichnung trifft den Nerv der Menschen: Im vergangenen Jahr sind bei der Verbraucherzentrale Hamburg deutlich mehr Hinweise auf Mogelpackungen eingegangen. Denn die Toleranz für versteckte Preserhöhungen sinkt spürbar in Zeiten hoher Inflation. Wenn ohnehin das Geld knapp ist, werden Mogelpackungen erst recht nicht verziehen.
Rama war bereits vorgewarnt
Dabei kam die Auszeichnung für Rama mit Ansage. Bereits Anfang Januar lief das Streichfett durch die Presse, weil die Verbraucherzentrale die Mogelpackungen zur Abstimmung durch die Bevölkerung gegeben hatte. Die Verbraucherzentrale hat der öffentlichen Aufmerksamkeit mit dem Ergebnis der Umfrage nochmals gehörig Rückenwind verliehen, so dass die Zahl der Erwähnungen und die Reichweite erheblich in die Höhe schnellten. Gepaart mit negativer Tonalität und ausgeprägter Viralität ist das der perfekte Empörungssturm.
Normalerweise würde ich nun sagen, dass eine Krise keinen nachhaltigen Reputationsschaden auslöst. Die Wiederholung der Krise ist das wahre Krisenmoment. Allerdings war die Empörung Anfang der Woche bereits die dritte Krisenwelle, und der stete Tropfen höhlt den Stein. Rama muss nun dringend mit diesem leidigen Verpackungsthema aus dem Licht der Öffentlichkeit raus. Das wird allerdings schwierig, denn der Margarine-Hersteller wird nicht wieder zurück zur alten Packung gehen und erst recht nicht die Preise um 25 Prozent senken – zu schön ist die fette Marge, die man sich gerade erschlichen hat. Doch Rama läuft Gefahr, als Musterbeispiel einer unverschämten Mogelpackung bei den Menschen in Erinnerung zu bleiben. So wie Ritter Sport lange in Erinnerung blieb, trotz des Kriegs in der Ukraine weiterhin in Russland Schokolade zu verkaufen – und damit vermeintliche Sanktionen zu unterlaufen. Derartige Negativprägungen in der Reputation hinterlassen dann doch Schleifspuren im Umsatz und werden unglücklich teuer.
Alle Mogelpackungen wurden in die Kommunikationskrise hineingezogen
Die anderen Mogelpackungen, die Rama auf den Plätzen 2 bis 5 im Ranking der Mogelpackungen folgten, sind übrigens nicht ungeschoren davon gekommen. Auch sie hat der Unbill der Öffentlichkeit getroffen, und zwar in gleichem Umfang. Für diese Marken war die Mogelpackung eine Premiere in der Anfeindung, eine Preiserhöhung versteckt zu haben. Daher ist hier die Hoffnung größer, dass die Auszeichnung vergessen wird.
Jörg Forthmann