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Krisen-PR: Tönnies ist schlachtreif

Wie es ist, wenn man selber die Sau ist, die durch’s Dorf getrieben wird

Erst will Tönnies Lohnverluste vom Staat ersetzt haben, weil wegen der Corona-Pandemie seine Fabrik geschlossen wurde – ausgerechnet der, der seine Mitarbeiter nicht richtig vor Covid 19 geschützt hat. ‎ Dann erwischt der österreichische Zoll bulgarische Schwarzarbeiter auf einer Tönnies-Baustelle. Für das Publikum ist der Fleisch-Magnat schamlos, egoistisch und asozial. Doch Kommunikatoren wissen: Tönnies ist die Sau, die jetzt durch das Dorf getrieben wird.

Tönnies erlebt gerade die gefährlichste Phase einer Krise: Man ist gehörig in den Negativschlagzeilen, und das eigene Versagen ist weithin publiziert. Nun aber kommen die Informanten aus den Löchern – oft genug die, die sich zuvor nicht ans Licht getraut haben – und stecken den Journalisten fleißig Geschichten. Da der Mainstream der Berichterstattung bereits feststeht – Tönnies ist rücksichtslos und geldgierig -, wird diese Geschichte einfach weiter geschrieben.

Legal ist nicht legitim

Dabei ist es vollkommen egal, ob Tönnies möglicherweise zu Recht eine Erstattung von Lohnkosten verlangt, weil die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die Pandemie-Massnahmen verhängt hat. Oder ob das Beschäftigen von neun Schwarzarbeitern wirklich die große Überschrift wert ist.

Journalisten wollen die Geschichte fortschreiben und sie treffen auf Menschen, die Tönnies tiefer in der Krise sehen wollen. Dieses Phänomen ist gar nicht so selten, wie man zuerst denkt. Entlassene Mitarbeiter und Führungskräfte befeuern sehr gerne Krisen ihres Ex-Arbeitgebers. Auch Betriebsräte fühlen sich mitunter falsch berufen. Oder es ist der schmutzige Wettbewerb. Leider immer öfter auch Staatsanwälte, die der Presse etwas stecken, um sich in der Sonne der Öffentlichkeit aalen zu können. Merke: Wenn Du Freunde brauchst, ist die Zeit für Deine Feinde gekommen.

Krisenkommunikatoren denken vorab an Heckenschützen

Kluge Krisenkommunikatoren denken diese Entwicklung früh mit und preisen in ihrer Krisenstrategie die Angriffe von Heckenschützen mit ein. Gleichzeitig ist es aber auch ihre Aufgabe, Unternehmen und Topmanagement vor Fehlentscheidungen zu bewahren. So hätte Tönnies niemals die Erstattung von Lohnkosten wegen der Pandemieauflagen beantragen dürfen. Es war klar, dass das auf Empörung bei den Menschen stößt. Erst werden Osteuropäer unter miesen Arbeitsbedingungen ausgenutzt, dann will der Fleischkonzern auch noch Lohnverluste ausgeglichen haben, die er selber verschuldet hat.

Dass Tönnies trotzdem diesen Fehler beging, kann zwei Ursachen haben: Seine Krisenberater sind kurzsichtig oder Tönnies ist beratungsresistent.

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
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