Grenpeace will seine Palmöl-Kampagne wieder in Gang bekommen und hat sich diesmal Procter & Gamble als Bösewicht ausgesucht. Doch während die Umweltaktivisten gegen Kitkat von Nestlé mit einem sehr martialischen Film vorgingen, kommt Procter & Gamble noch vergleichsweise harmlos weg. Allein der deutsche Kitkat-Film wurde über 200.000 Mal auf Youtube aufgerufen. Der neue Film bringt es aktuell gerade mal auf gut 34.000 Abrufe, obwohl er bereits breit in den Online-Medien – unter anderem in Spiegel online und The Guardian – thematisiert wurde. Der Grund: Der neue Film ist zu soft. Worüber sich Procter & Gamble klammheimlich freuen kann.
Der Aktionsfilm gegen Kitkat war kurz, prägnant und scheute auch vor klaren bildlichen Übertreibungen nicht zurück. So massakrierte ein Kitkat-Rigel Orang Utans, und aus dem Riegel floss Blut. Greenpeace hatte diesen Film sehr professionell gemacht. Klare Aussage, klarer Bösewicht, gute Emotionalisierung über Hintergrundmusik und nur 52 Sekunden lang. Kurz: Alles, was nötig ist, um den Film massenhaft viral zu verbreiten. Obendrein verzichtete Greenpeace fast vollständig darauf, harte Argumente vorzutragen – die gezeigten Bilder waren Vorwurf und Beweis genug.
Der Aktionsfilm gegen Procter & Gamble ist mehr als doppelt so lang und setzt darauf, eine Werbung des Konsumgüterherstellers zu persiflieren, was nicht wirklich gelingt. Der Bezug zu Olympia greift auch nicht wirklich. Die Geschichte zieht sich gehörig in die Länge und ermüdet. Viralpotenzial: eher gering. Allein die leidenden Orang Utans rühren das Herz und lassen mitfühlen. Das war’s. Dieser Film ist für die Umweltaktivisten ungewohnt zahm. Glück für Procter & Gamble.
Wenn sich Procter jetzt noch verkneift, juristisch gegen den Film vorzugehen, perlt die Kampagne möglicherweise am Unternehmen ab. Nestlé hatte die Juristen von der Leine gelassen und dadurch das David-Goliath-Spiel – der böse Lebensmittelmulti prügelt auf die kleine, gute Umweltschutzorganisation ein – erst ermöglicht, das letztlich zu einer breiten Solidarisierung der Community mit Greenpeace geführt hatte.
Beunruhigend für die Lebensmittelbranche ist die Hartnäckigkeit, mit der Greenpeace seine Palmöl-Kampagne vorantreibt. Jetzt ist der zweite große Player am Pranger. Wahrscheinlich werden weitere folgen. Die Branche ist jetzt gut beraten, eine gemeinsame Kommunikationsstrategie zu entwickeln. Bis heute ducken sich alle Wettbewerber weg, wenn Greenpeace ein Unternehmen angreift. Nach dem Motto: „Bloß nicht gesehen werden. Nachher werde ich auch noch reingezogen.“ Das spielt Greenpeace stark in die Hände. Nur: Am Ende wird so eine ganze Branche gegeneinander ausgespielt.
Jörg Forthmann