ver.di hat eine generalstabsmäßig vorbereitete Kampagne gegen den Lebensmitteleinzelhandel gestartet, allen voran Edeka. Der Vorwurf: Die Händler würden es zulassen, dass in Brasilien der Orangensaft unter schlimmen Arbeitsbedingungen produziert wird – damit der Saft billig nach Deutschland kommt und hohe Margen möglich sind. Auftakt ist eine Filmreportage bei Frontal.21 im ZDF. Außerdem gibt es heute eine Pressemappe von ver.di mit einer „Studie“ zu den Arbeitsbedingungen bei der Orangensaftherstellung und zur Vermarktung des Saftes. Ver.di liefert dabei Bilder aus Brasilien, einzelne Arbeiter berichten von schlimmen Arbeitsbedingungen, Gewerkschaftsvertreter aus dem Land werden zu Kronzeugen stilisiert. Und jetzt kommt noch eine sechstägige „Informationsreise“, auf der eine Erntehelferin und ein brasilianischer Anwalt über die Arbeitsbedingungen berichten. Die Inszenierung ist hoch professionell. Es gibt Bilder und glaubwürdige Zeugen, die sogar noch in Deutschland direkt zu Wort kommen. Nur: Wo ist Edeka?
Edeka berichtet zeitgleich in einer Presseinformation: „Edeka-Markt in Offersheim ist besonders grün“. Es rollt eine Empörungswelle auf Edeka zu, doch der Lebensmittelhändler liefert keine Gegenwehr. Dabei sollten möglichst frühzeitig – soweit möglich – die eigenen Argumente ins Feld geführt werden. Sonst bildet sich der Mainstream der öffentlichen Meinung heraus, und lässt sich dann kaum mehr ändern. Edeka verpasst gerade seine Chance, die ver.di-Sicht zu korrigieren. Das ist ohnehin schon angesichts der professionellen Vorbereitung der Gewerkschaftler schwierig. Doch die Recherchen von ver.di können nicht an Edeka vorbeigegangen sein, und spätestens seit den Angriffen auf Amazon sollten Unternehmer die PR-Gewalt von Gewerkschaften nicht mehr unterschätzen und sich zügig auf eine öffentliche Auseinandersetzung vorbereiten. Mit eigenen Bildern, eigenen, glaubwürdigen Fürsprechern und eigenen, klaren Fakten.
ver.di hat zudem mit Edeka einen Händler ins Visier genommen, der eine gefährliche Fallhöhe hat. „Wir lieben Lebensmittel“ ist der intensiv penetrierte Edeka-Slogan – das passt nicht zur Orangensaft-Geschichte. ver.di greift damit den Markenkern von Edeka an. Das darf man nicht aussitzen.
Jörg Forthmann
EDEKA muss auch noch an einer zweiten Front kämpfen. Mehr und mehr Mitarbeiter privat-geführter EDEKA-Märkte werfen dem Unternehmen Ausbeutung vor.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/edeka-lebensmittelkonzern-privatisiert-und-zahlt-dumpingloehne-a-926544.html