Spannender Blick hinter die Kulissen für die Krisen-PR
Nicht nur bei Charlie Hebdo haben es die „Panama Papers“ auf das Titelblatt geschafft. Der Briefkasten-Skandal ging weltweit durch die Medien. Jetzt berichten die ersten Investigativjournalisten, wie sie an die Daten herangekommen sind und wie sie die Unmenge an Daten ausgewertet haben. Dieser Blick hinter die Kulissen ist hochinteressant für alle, die sich mit Krisen-PR beschäftigen.
So heißt es in der Ankündigung des jüngst erschienen Buches „Panama Papers“:
Die Geschichte des größten Daten-Leaks aller Zeiten beginnt spät am Abend mit einer anonymen Nachricht: „Hallo. Hier spricht John Doe. Interessiert an Daten?“ Bastian Obermayer, Investigativreporter der Süddeutschen Zeitung, antwortet sofort – und erhält Informationen, die ihn und seinen Kollegen Frederik Obermaier elektrisieren. Es sind die Daten hunderttausender Briefkastenfirmen. Sie bieten einen Einblick in eine bislang vollständig abgeschottete Parallelwelt, in der Milliarden verwaltet, verschoben und versteckt werden: die Gelder von großen Konzernen, von europäischen Premierministern und Diktatoren aus aller Welt, von Scheichs, Emiren und Königen, von Mafiosi, Schmugglern, Drogenbossen, von Geheimagenten, FIFA-Funktionären, Adligen, Superreichen und Prominenten. Um möglichst viele internationale Geschichten erzählen zu können, beschließen die beiden Journalisten, ein weltweites Netzwerk von Investigativreportern – das ICIJ – einzuschalten. Während sie selbst weiter nach Namen und Geschichten suchen, koordinieren sie gemeinsam mit dem ICIJ die Arbeit hunderter Journalisten. Fast ein Jahr arbeiten Reporter der wichtigsten Medien der Welt – etwa des Guardian, der BBC oder von Le Monde – unter höchster Geheimhaltung zusammen, um im Frühjahr 2016 die „Panama Papers“ zu veröffentlichen. Dieses Buch ist die faszinierende Geschichte einer internationalen journalistischen Recherche, die aufdeckt, was bis jetzt verborgen war: Wie eine kleine Elite, die sich niemandem mehr verantwortlich glaubt, ungeheure Vermögen versteckt. Es ist, als würde man in einem dunklen Raum das Licht anknipsen: Plötzlich ist alles sichtbar.
In Deutschland hat sich der Rechercheverbund aus Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR ein Jahr lang mit den Panama Papers beschäftigt. Dabei ging es vor allem auch um die Nachforschung nach deutschen beteiligten Personen, Firmen und Banken. Der Investigativjournalist Kersten Mügge vom NDR Reporterpool erklärt, wie seine Redaktion die Panama Papers ausgewertet hat. Das sechsminütige Interview finden Sie hier auf der Webseite des Bayerischen Rundfunks.
Kerstan Mügge erklärt in dem Interview, dass die riesige Menge an Material so groß gewesen ist, dass sie allein für die beiden ursprünglich in Deutschland damit befassten Journalisten nie zu bewältigen gewesen ist. Am Ende haben sich weltweit 400 Redaktionen an der Auswertung beteiligt. Das ist eine neue Dimension im Investigativjournalismus und gibt all jenen in den Chefredaktionen recht, die für den Anschluss an weltweite Rechercheverbünde plädieren – wie zuletzt beim Spiegel geschehen.
Angesichts der riesigen Datenmenge wird es für die Krisen-PR in vielen Unternehmen demnächst ausreichend zu tun geben. Wie es scheint, werden dem Publikum die „Panama Papers“ scheibchenweise präsentiert.
Jörg Forthmann