Auf dem Rasen Champions League, in der Kommunikation Kreisliga
Jahreshauptversammlungen beim FC Bayern sind in aller Regel Gute-Laune-Veranstaltungen. Beim Rekordmeister geht es eher nicht, wie bei anderen Klubs, um klamme Kassen oder mangelnde Leistung auf dem Rasen. Bedeutet: unbedenklich für Mitmenschen mit Herzproblemen.
Das sollte sich aber auf der Jahreshauptversammlung 2021 im Audi Dome ändern. „Das war die schlimmste Veranstaltung, die ich je beim FC Bayern erlebt habe“, sagte Uli Hoeneß im Anschluss an die Sitzung.
Was war schiefgelaufen? Stein des Anstoßes war das umstrittene Sponsoring mit Qatar Airways. Vereinsmitglied Michael Ott hatte den Spontanantrag gestellt, die umstrittene Partnerschaft mit der staatlichen Fluglinie Qatar Airways nach 2023 nicht zu verlängern.
Vereins-Vize Dieter Mayer schmetterte den Antrag mit dem Verweis auf eine Entscheidung des Münchner Landgerichts ab, der Verein sei nicht verpflichtet „über das weitere Sponsoring durch Qatar Airlines zu beraten.“
Als Antwort gab es Tumult in der Basketballhalle, es wurde wütend gebrüllt und gegen Sitzschalen getreten. Szenen, für die man als Verein nicht in der Presse landen möchte.
War die Vereinsführung im Recht, als sie es ablehnte, über die Verlängerung des Sponsoringvertrags mit der staatlichen Airline des Golfemirates abzustimmen? In der Tat. Laut Vereinssatzung ist das Sponsoring ausschließlich Aufgabe des Präsidiums. Hat die Vereinsführung mit der berechtigten Absage Fingerspitzengefühl bewiesen? Wohl eher nicht. Womit wir beim eigentlichen Problem wären. Denn in der Kommunikation geht es nicht zwangsläufig darum, wer jetzt Recht hat. Das dürfte jedem bekannt sein, der in einer Beziehung lebt und nicht ständig auf der Couch schlafen möchte.
Einer der Hauptkritikpunkte dürfte allerdings sein, dass niemand an diesem Abend mit dem Antrag überrumpelt wurde. Denn das die von Teilen der Fans ungeliebte Partnerschaft mit Qatar Airlines auf der nächsten Mitgliederversammlung ein Thema sein würde, hätte eigentlich jedem klar sein müssen.
So spannten schon in der Bundesliga-Partie gegen den SC Freiburg Fans im Stadion ein Plakat mit der Aufschrift „Für Geld waschen wir alles rein“. Darauf waren noch Oliver Kahn und Herbert Hain zu sehen, die blutige Hemden waschen. Eine Anspielung auf die prekäre Menschenrechtssituation in Katar.
Was wäre denn die richtige Reaktion gewesen? Über einen Antrag abstimmen zu lassen, über den man nicht hätte abstimmen dürfen, mit Sicherheit nicht. Den Antrag von oben herab ohne jegliche Diskussion abzukanzeln, war aber ebenfalls der falsche Weg.
„Wir analysieren genau, wie es zu dem Verlauf der Jahreshauptversammlung kommen konnte“, sagte Heiner dem Kicker. „Wir werden daraus lernen, und es steht fest, dass wir die Kommunikation mit unseren Mitgliedern überdenken und intensivieren müssen.“
Das Ergebnis der genauen Analyse sollte sein, dass der Verein ein besseres Gespür entwickelt, welche Themen den Mitgliedern auf der Seele brennen. Denn obwohl der FC Bayern München einen Umsatz wie ein Konzern hat, ist er keiner, sondern ein Fußballverein. Und das bedeutet, dass dessen Mitglieder keine Aktionäre sind, sondern Fans.
Das wiederum bedeutet, Probleme proaktiv zu diskutieren, bevor sie hochkochen und zu einem medialen Ereignis werden. Bayern-Trainer Julian Nagelsmann brachte es auf den Punkt: „Wenn man mit seiner Lebensgefährtin oder seinem Kumpel einen Streit ausficht, ist es auch gut, wenn man das nicht auf dem Marienplatz macht.“ Auch wenn der Satz wahrscheinlich eher an Michael Ott gerichtet war, gilt er auch für die Vereinsführung.
Die Kommunikation mit Vereinsmitgliedern ist ähnlich heikel wie die interne Kommunikation eines Unternehmens. Sie bleibt in den seltensten Fällen intern. Aus diesem Grund sind viele Firmen dazu übergegangen, interne und externe Kommunikation gleichwertig zu behandeln. Das sollte Bayern München ebenso handhaben. Innere Querelen finden sehr schnell dankbare Abnehmer in Journalisten-Kreisen und haben dadurch das Potential zu einem öffentlichen Debakel zu werden. Der Beweis zu dieser These wurde definitiv erbracht.
Bleibt noch zuletzt der Rat zur Kommunikation auf Augenhöhe. Wie bereits erwähnt, der Verein kommuniziert mit Vereinsmitgliedern, nicht mit Aktionären oder irgendwelchen Bittstellern. Das Prinzip eines Vereins ist, dass alle Mitglieder gleichwertig sind, unabhängig davon, ob sie ein Amt bekleiden oder nicht. Damit ist auch jedes Anliegen gleichwertig, egal, ob es um die Bratwurstpreise im Stadion geht oder um einen Trikotsponsor. Muss sich der Vorstand persönlich um die Befindlichkeit eines jeden Mitgliedes kümmern? Nein. Aber der Verein als Ganzes sollte seine Mitglieder ernst nehmen und den Dialog mit ihnen suchen. Bevor diese ihrem Frust öffentlich Luft machen, sei es auf dem Marienplatz oder auf der Jahreshauptversammlung.
Roland Heintze
www.reputationzweinull.de
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