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Erst das gebrannte Kind scheut das Feuer…

Studie zeigt am Beispiel Baugewerbe: Wer keine Krise kennt, ist auch nicht krisenfest – aber es geht auch anders

Heute habe ich zwei gute Nachrichten für Firmen aus dem Baugewerbe – und eine schlechte, die für alle anderen Branchen ebenso relevant ist.

Die guten Nachrichten:

  1. Insgesamt geht es dem Bausektor in Deutschland ausgesprochen gut: In den letzten 15 Jahren blieb die Branche weitgehend von den Folgen globaler Krisen verschont und wurde so teilweise sogar zur Stütze der Gesamtwirtschaft. So fiel selbst der Corona-bedingte Abschwung im Baugewerbe deutlich milder aus als in der deutschen Wirtschaft allgemein. Manchen Bauunternehmen bescherte die Pandemie gar die besten Jahre ihrer Firmengeschichte.
  2. Bauunternehmer sind sich der Bedeutung ihrer Reputation und ihrer nachhaltigen Wirkkraft bewusst. Sie wissen zum Beispiel sehr gut, dass ein guter Ruf Kunden bindet.

Die schlechte Nachricht:

Die spärliche Krisenerfahrung der Branche führt dazu, dass viele Bauunternehmen im Umgang mit und der Abwehr von Krisen ungeübt und auf individuelle Krisen und krisenähnlichen Situationen nicht ausreichend vorbereitet sind. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass sie nur selten über Notfallpläne verfügen.

Das sind (nur einige) Ergebnisse der Studie „Krisenfestigkeit des Bausektors“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

Auch abseits branchenweiter oder globaler Krisen können sich Firmen unvermittelt individuellen Krisen und vergleichbar herausfordernden Umständen ausgesetzt sehen. Im Baugewerbe zum Beispiel bei Insolvenzen von Bauträgern, Auftragseinbrüchen, krankheitsbedingtem Ausfall von Führungskräften, schlechter Zahlungsmoral von Kunden; aber auch Unfällen auf Baustellen oder dem Fehlverhalten eigener Mitarbeiter (inklusive der Geschäftsführung).

In der Studie zeigte sich: Firmen, die bereits solche Unternehmenskrisen oder krisenähnliche Situationen durchlaufen hatten, haben aus dieser Erfahrung gelernt und sind dadurch auf künftige Krisen und ihre Bewältigung besser vorbereitet. Bauunternehmen, die bislang von solchen Erfahrungen verschont geblieben sind, zeigen sich hingegen nur selten ausreichend vorbereitet. Zum einen fehlen Notfallpläne, standardisierte Managementprozesse, Stellvertreterregelungen, Vollmachten oder Zugang zu Passwörtern und Versicherungspolicen. Zum anderen bleiben kritische Schwachstellen im Unternehmen oft unerkannt und damit ungelöst. Dies gilt insbesondere für die zahlreichen kleinen und mittelständischen Betriebe des Baugewerbes.

Doch ohne derartige Vorkehrungen sinkt die Fähigkeit, im Ernstfall unmittelbare Krisenfolgen abzumildern – in jeder Branche. Eine Krise trifft unvorbereitete Firmen deshalb deutlich härter als unvermeidbar – schlimmstenfalls bis hin zur eigenen Insolvenz. Ich möchte an dieser Stelle an die Deloitte-Studie „Stronger, fitter, better: Crisis management for the resilient enterprise“ erinnern, in der mit 47 Prozent fast die Hälfte der Befragten aus Unternehmen ohne Krisenprävention angaben, in Folge einer kürzlich durchlaufenen Krise merkliche finanziellen Einbußen erlitten zu haben. Unter den Befragten aus Unternehmen mit einem Krisenplan traf dies hingegen mit 31 Prozent auf nicht einmal jeden Dritten zu.

Als Schlussfolge aus ihren Forschungsergebnissen empfehlen die Autoren der BBSR-Studie Unternehmen zur Steigerung ihrer Krisenresilienz neben guten Managementpraktiken wie einer strategischen Liquiditätssicherung, der Steuerung zentraler Kennzahlen und der Reduzierung von strukturellen Abhängigkeiten auch verstärktes Beziehungs- und Reputationsmanagement sowie die Inanspruchnahme externer Beratung.

Gerade letzteres unterstütze ich natürlich rückhaltlos 😉 – und möchte ergänzen:

Jede Krise ist auch eine Kommunikationskrise – und auch darauf gilt es, sich vorzubereiten!

Im Krisenfall muss sowohl die externe als auch die interne Kommunikation laufen wie geschmiert. Es muss sichergestellt sein, dass eingehende Informationen, die auf eine potenzielle Krise hinweisen, umgehend an die entscheidenden Stellen weitergleitet werden. Ruft beispielsweise ein Journalist mit Fragen zu einem möglichen Skandal beim Empfang einer Firma an (oder taucht gleich mit laufender Kamera persönlich dort auf), muss umgehend Geschäftsführung und Krisenteam informiert werden. Dafür müssen Zuständigkeiten im Vorwege geklärt sein und die (aktuellen) Kontaktdaten bereit liegen. Die eigene Belegschaft sollte von Problemen nicht aus der Presse erfahren, sondern muss zeitnah und passend über die internen Wege der Unternehmenskommunikation ins Bild gesetzt werden.

Krisenerfahrung nicht erst in der ersten Krise sammeln

Dass, wie die BBSR-Studie zeigt, vor allem Erfahrung mit Krisen die Krisenresilienz von Unternehmen stärkt, bedeutet nicht, dass man blind die erste Krise abwarten sollte, um diese Erfahrungen zu sammeln. Denn schlimmstenfalls ist dann die erste Krise auch die Letzte.

Krisenerfahrung lässt sich auch ohne Krise sammeln: Durch professionell geleitete Krisenübungen. Das Team der P.E.R. Ageny entwickelt bei dieser Art von „Trockenübungen für die Krise“ ein auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittenes, realistisches Krisenszenario und spielt es mithilfe echter, routinierter Journalisten durch. Dieses Krisentraining zeigt dem Unternehmen ohne Risiko, wie gut es für eine Kommunikationskrise bereits gewappnet ist und welche Schwachstellen vor einem Ernstfall noch zu beheben sind. Das stärkt die Krisenresilienz und hilft so, langfristig wirtschaftliche Schäden zu begrenzen.

Haben Sie schon für die nächste Krise trainiert – oder fehlt es Ihnen an Resilienz?

Über die Studie:
Die Studie „Krisenfestigkeit des Bausektors: Erste Erkenntnisse zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Bauwirtschaft“ untersucht im Zeichen der Covid-19 Pandemie die Krisenresilienz deutscher Bauunternehmen.Sie kombiniert eine volkswirtschaftliche Datenanalyse des deutschen Bausektors im europäischen Vergleich in den Jahren 2005 bis 2021 mit der betriebswirtschaftlichen Betrachtung von 15 Fallstudien. Auf Sektorebene wurde nach Resilienzfaktoren gesucht, die sich bei vielen Bauunternehmen finden lassen. Die Fallstudien auf Betriebsebene werfen einen tieferen Blick darauf, welche Faktoren im Einzelnen in unternehmensspezifischen Krisen eine Wirkung zeigten.Die Studie wurde im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) von der Oxford Economics GmbH, Berlin/Frankfurt, und dem Institut für Mittelstandsforschung (IfM), Bonn, im Rahmen des Innovationsprogramms „Zukunft Bau“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) durchgeführt. Der 104-seitige Studienband steht hier als PDF-Datei zum Download zur Verfügung.

Reputationzweinull-Urteil: Solide, spannend, überzeugend und gleichzeitig verständlich formuliert. Die komplette Studie zu lesen lohnt vor allem für Insider des Baugewerbes. Neben den hier näher behandelten Aspekten fand ich die die Blicke auf die drastischen Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die Baubranche und Vernachlässigung langfristiger Trends wie den Klimawandel als potenziellen Krisenauslöser ausgesprochen interessant.

Roland Heintze
www.reputationzweinull.de

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Quelle Beitragsbild: @andriklangfield | https://unsplash.com/de/fotos/ujx_KIIujRg

Roland Heintze
Posted inBlog: Reputationzweinull

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