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Lidl: Harakiri im Shitstorm

Noch gibt es das Bierfass mit dem Mädchen in Hotpants und dem Spruch „Fass mich an“ nur in der Werbung. Doch heute – Dienstag – bringt Lidl die Sonderedition seiner Eigenmarke „Grafenwalder“ in die Märkte. Trotz Shitstorm. Lidl wird mit empörten Posts geflutet, bekundet Bedauern und entschuldigt sich reihenweise. Doch in Wahrheit schert sich Lidl um die Kundenmeinung herzlich wenig. Das befeuert den Shitstorm erst noch.

Die Social-Media-Managerin von Lidl, Jessica, hat eine nicht lösbare Aufgabe übernommen. Sie antwortet auf die empörten Facebook-Posts mit einer Standardantwort, die lehrbuchmäßig ist: „Hallo, danke für dein Anliegen. Hierzu habe ich folgendes Feedback aus dem Fachbereich: Die Kritik an der Abbildung auf dem Bierfass unserer Eigenmarke ‚Grafenwalder‘ nehmen wir sehr ernst. Wir bedauern außerordentlich, wenn es durch die Produktabbildung zu Irritationen gekommen oder wenn dies als Verunglimpfung, Diskriminierung oder Beleidigung verstanden worden sein sollte. Dies war zu keiner Zeit beabsichtigt. Wir möchten uns mit Nachdruck bei allen entschuldigen, die sich durch die Darstellung in ihren Gefühlen verletzt fühlen. Grüße, Jessica“. Es wird ernst genommen, bedauert, entschuldigt – und ignoriert. Das sexy Fässchen kommt in den Handel.

Gerade deshalb schütten die Lidl-Antworten Öl ins Feuer. Das Ernst-Nehmen ist geheuchelt. Jessica weiß schon beim Beantworten, dass das so ist. Spätestens der Verkaufsstart bringt das Fass zum Überlaufen. Nur hat dann Lidl jeden Vertrauensvorschuss verspielt.

Auch wenn es im ersten Moment weniger besänftigend wirkt, hätte Lidl ehrlich antworten müssen, dass das Fass trotz kritischer Kundenstimmen in die Märkte kommt. Weil es eben nicht verunglimpfend, diskriminierend oder beleidigend gemeint ist. Es ist ein Partyspaß und Lidl ist davon überzeugt, dass die Kunden den Spaß mehrheitlich richtig verstehen.

Update: Handelsblatt und Stern berichteten inzwischen online.

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann
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2 Comments

  1. Tja,

    die arme Jessica wird wahrscheinlich auch an der Leine gehalten und kann nicht so wie sie wollte. Es wissen dann doch andere immer wieder besser. Und nur weil man der Social-Media-Manager ist, ist man doch weisungsgebunden.

  2. Eine Menge Aussagen und Verhaltensweisen sind nicht verunglimpfend oder diskriminierend gemeint – sind es aber im Endeffekt doch. Herr Brüderle hat es sicherlich in seiner Wahrnehmung auch nicht so gemeint, als er die Journalistin auf ihre Brüste ansprach. Das Fass ist einfach nur eine weitere Spielart des Sexismus der bei uns immer noch herrscht. Denn wo ist das korrespondierende männliche Fass mich an?

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