Til Schweiger hat einen gehörigen Shitstorm auf seiner Facebook-Seite ausgelöst. Er unterstützt eine Spendenaktion für Flüchtlinge des Hamburger Abendblattes, was fremdenfeindliche Posts zur Folge hat. Der Schauspieler reagiert knallhart und schreibt: „Oh Mann – ich habs befürchtet!! Ihr seid zum Kotzen! Wirklich! Verpisst Euch von meiner Seite, empathieloses Pack! Mir wird schlecht!!!“ Können Unternehmen von dieser Strategie lernen?
Eins hat Schweiger auf jeden Fall geschafft: Auf seiner Facebook-Seite herrscht gehörig Traffic. Weit über 600 Kommentare gab es zu seinem Wut-Post. Von Befürwortern und von Gegnern. Den Shitstorm beendet hat er mit seiner artikulierten Empörung also nicht.
Aber er hat seine Sympathisanten mobilisiert. Diese Strategie bietet sich immer dann an, wenn ein Shitstorm faktisch nicht zu besänftigen ist. Als Ikea ein Regal aus dem Programm nahm, in das Schallplatten so gut hineingepasst haben, gab es massenhafte Empörung im Netz. Ikea nahm dem Shitstorm die Dynamik, indem man kurz und knapp erklärte, Schallplattenliebhaber würden ihre Scheiben auch im Nachfolgermodell hineinstellen können. Das war’s. Für diese Richtigstellungen als Shitstorm-Töter gibt es viele Beispiele.
Bei Schweiger ist die Situation anders: Auf seiner Facebook-Seite tummeln sich Fremdenfeindliche, und die sind mit guten Argumenten nicht zu bekehren. Hätte er diese Stimmen einfach ignorieren sollen? Dann hätte seine Community das möglicherweise so gedeutet, dass er die Aussagen toleriert. Auch das Löschen von Posts ist nicht hilfreich, denn das stachelt gut organisierte Interessengruppen erst an; aus wenigen werden viele, weil man ja seine Meinung verteidigen muss.
Wichtigste Erfolgsfaktor beim Shitstorm: die eigene Community
Der Schauspieler hätte auch ganz sachlich reagieren können: „Hey, denkt dran, das sind Flüchtlinge, die aus Kriegsgebieten kommen und wahnsinniges Elend erlebt haben!“ Aber wäre das wirklich besser gewesen? Nein. Mit seinem emotionalen und authentischen Post hat Schweiger seine Follower aktiviert und sich die bestmögliche Verstärkung geholt, die es im Netz gibt: die eigene Community.
Krisenkommunikatoren, die jetzt zustimmend nicken, sollte eines jedoch nicht vergessen: Haben Sie auch diese Option? Oder hat Ihr Unternehmen gar keine belastbare Community im Netz? Dann fehlt Ihnen die wichtigste Option, um emotionalisierten Shitstorms im Internet entgegen zu treten.
Jörg Forthmann