Flaschenpost-Übernahme: Dr. Oetker serviert Quinfecta des Reputation Managements
Drei Jahre lang lief Dr. Oetker mit seinem Getränkelieferdienst Durstexpress dem Marktführer Flaschenpost vergeblich hinterher. Jetzt hat er ihn einfach gekauft – mutmaßlich für weit mehr als 600 Millionen Euro*. Erst von einem 2012 gegründeten Start-up deklassiert werden, dann den Konkurrenten mit Geld zuschmeißen: Wie wird sich das auf die Reputation des 129 Jahre alten Unternehmens Dr. Oetker auswirken?
Kurz gesagt: Phänomenal gut.
Die Oetker-Gruppe kann durch die Flaschenpost-Übernahme mit einem kräftigen Reputations-Boost rechnen. Grund: Mit dem Deal kann der Traditionskonzern in allen fünf für die Unternehmens-Reputation entscheidenden Dimensionen gleichzeitig punkten.
Reputationsfaktor: Wirtschaftliche Performance
Märkte verändern sich. Neue Herausforderungen brauchen neue Expertise und neue Angebote. Diese hinzuzukaufen hat sich für viele Großunternehmen als Erfolgsrezept erwiesen. Siehe Facebook: Wegbrechende Marktanteile des Sozialen Netzwerks gleicht das Unternehmen durch geschickte Zukäufe aus – wie WhatsApp und Instagram.
Die Beträge mögen groß scheinen, zumal Flaschenpost zwar ein rasantes Wachstum, aber keinen Gewinn ausweist. Aber Experten und Fachpresse sind sich einig: Der Zukauf ist das Geld wert und eine strategisch richtige Entscheidung. Öffentliche Meinung: Dr. Oetker wird langfristig profitieren.
Reputationsfaktor: Performance des Managements
Richtige Entscheidung, richtiger Entscheider: Der Erfolg für Dr. Oetker ist der Erfolg von Dr. Albert Christmann. Das Handelsblatt sieht in dem Deal einen gelungenen „großen Coup“ des Dr.-Oetker-Chefs. Er profiliert sich als kompetent, zukunftsweisend und den Herausforderungen des wandelnden Marktes gewachsen.
Reputationsfaktor: Produkt- und Service-Performance
Flaschenpost kommt bei den Kunden an, Wachstumsraten werden auf 200 Prozent jährlich geschätzt.
Reputationsfaktor: Performance durch Nachhaltigkeit
Eine Lieferfahrt zu mehreren Kunden, statt viele Kundenfahrten zu einem Supermarkt: Das Geschäftsprinzip reduziert Individualverkehr. Eigenen CO2-Ausstoß kompensiert Flaschenpost durch Unterstützung von Aufforstungsprojekten.
Reputationsfaktor: Arbeitgeber-Performance
Wirklich Skandalträchtiges war nicht dabei, aber die Arbeitsbedingungen bei Flaschenpost ernteten in der Vergangenheit öffentliche Kritik von Gewerkschaften. Die Übernahme durch Dr. Oetker findet hier hingegen öffentliches Wohlwollen**: „Für die Beschäftigten von Flaschenpost kann es nur besser werden. Immerhin gehört es bei Oetker zum guten Ton, die Arbeitsbedingungen mit der NGG zu regeln“, verkündet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Ein Schuss, fünf Treffer: Mit der Flaschenpost-Übernahme kann Dr. Oetker bei allen kritischen Reputationsfaktoren Pluspunkte gegenüber seinen Stakeholdern sammeln. Dem Bielefelder Lebensmittelriesen gelingt eine Quinfecta im Reputation Management!
Roland Heintze
www.reputationzweinull.de
* Vorbehaltlich der Zustimmung des Kartellamts.
** Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Einer der 21 Durstexpress-Standorte liegt tatsächlich mit einer vom Verfassungsschutz beobachteten anarchosyndikalistischen*** Mini-Gewerkschaft im Clinch. Hauptforderung: Mehr Arbeitsstunden für die festangestellten Mitarbeiter und einen höheren Stundenlohn. Nicht wirklich das Zeug, aus dem Reputationsrisiken gemacht sind…
*** Ein Begriff, den man außerhalb politologischer Fachdiskussionen eigentlich eher selten hört.****
**** Und auch dort nicht wirklich häufig.
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