Kohle-Tycoon Robert E. Murray versucht kritische Berichterstattung bei „Last Week Tonight with John Oliver“ per Klageandrohung zu verhindern – Folge: Reputation Suicide durch Streisand-Effekt
Erst kürzlich haben wir hier wieder vor dem Streisand-Effekt gewarnt. Das Phänomen, wenn der Versuch, Informationen zu unterdrücken, diese erst wirklich in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Heute präsentiere ich Ihnen dazu ein aktuelles Beispiel, in dem sich ein Kohle-Magnat mit einer Satire-Sendung anlegt und dabei seine Reputation selbst gründlich ruiniert. Und dafür sorgt, dass das ein Millionenpublikum mitkriegt. Mit dabei: Ein sprechendes Eichhörnchen.
Achtung: Nicht zur Nachahmung empfohlen!
Zur Vorbereitung eines Beitrags über die Kohle-Politik von US-Präsident Donald Trump schickte die US-Polit-Satire-Sendung „Last Week Tonight with John Oliver“ kritische Fragen an Robert E. „Bob“ Murray, CEO des Kohleminenbetreibers Murray Energy. Als Antwort erhielt die Redaktion zum ersten Mal einen „Cease and Desist Letter“; eine Abmahnung, verbunden mit einer deutlichen Drohung: Sollte die Sendung Bob Murray oder Murray Energy in irgendeiner Form „diffamieren, beschimpfen oder anderweitig Schaden zufügen“, würde Murray umgehend klagen. Nötigenfalls bis zum Obersten Gerichtshof.
Das ging selbstverständlich und wie zu erwarten nach hinten los.
Statt nur eine Randfigur wird Murray zum Schwerpunkt des mit 24 Minuten extra-langen Segments, das allein auf Youtube inzwischen fast sechs Millionen Mal angeschaut wurde.
Oliver zog den Kohle-Tycoon einerseits in seiner typisch-deftigen Weise sehr kräftig durch den Kakao, präsentierte dabei aber vor allem viele Fakten über – vorsichtig ausgedrückt – sehr fragwürdige Verhaltensweisen und Aussagen aus Murrays Karriere in der Kohle-Industrie. Unter anderem Widerstand gegen und Verletzungen von gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen im Bergbau.
Besonders viel Munition dafür lieferte Murrays Verhalten nach einem Unglück in einer seiner Minen in Utah, das sechs Bergleuten und drei Rettungskräften das Leben kostete. Statt angemessen auf eine Krise zu reagieren, die Menschenleben forderte, schädigte Murray seine Reputation damals selbst durch eine stümperhafte, unempathische Krisenkommunikation.
Er stritt unter anderem noch während der laufenden Rettungsarbeiten lauthals jegliche Verantwortung für das Unglück ab, das nach einer Untersuchung durch die „Mine Safety and Health Administration“ eindeutig durch unerlaubte und unsichere Abbauverfahren durch Murray Energys Tochterfirmen verursacht wurde. Gegenüber den Familien der Verunglückten verhielt er sich in der Krisenzeit so unsensibel, dass er Kinder zum Weinen brachte. Statt Anteilnahme zu zeigen, schrie er bei täglichen Briefings für Angehörige herum und hetzte gegen Medien und Gewerkschaften.
Insgesamt führte Oliver so viele reputationsschädliche, öffentliche Verfehlungen von Murray auf, dass ein ohne Zusammenhang sehr seltsames Ende vollkommen folgerichtig und sinnergebend wurde:
Ein riesiges Eichhörnchen mit einem übergroßen Bankscheck erklärte,
„Hey Bob, just wanted to say, if you’re planning on suing, I do not have a billion dollars. But I do have a check for three acorns and eighteen cents. […] It’s made out to, ‘Eat shit, Bob!’ Memo line: ‘Kiss my Ass!’”
Ohne Klageandrohung hätte Oliver wohl weit weniger von Murrays dreckiger Wäsche vor einem Millionenpublikum gewaschen. Der Moderator betonte in der Sendung:
„Bob Murray: I didn’t really plan so much of this piece to be about you, but you kind of forced my hand on that one.”
Gelernt hat Murray daraus offenbar nichts: Er machte seine Drohung wahr und reichte tatsächlich Klage ein. Die ist nach Experteneinschätzungen substanzlos bis zur Lächerlichkeit, so dass sich die Redaktion keine wirklichen Sorgen machen muss. Stattdessen hat die Klage dafür gesorgt, dass über das Thema mit all seinen unrühmlichen Details jetzt besonders breit in der Presse berichtet wird…
Murray hat quasi gleich einen „doppelten Streisand“ hingelegt. Tun Sie das nicht.
Roland Heintze
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