True Fruits ist für sein keckes Marketing bekannt. Bei seinem „Smoothie White“ bedauert der Safthersteller, dass der Smoothie wegen seiner „blassen und unfruchtigen Optik leider viel zu selten in den Genuss eines knisternden Rendezvous mit Dir kommt.“ Deshalb habe man „das Licht ausgeknipst, damit du dich einzig und alleine auf seine inneren Werte konzentrieren kannst.“ Der Shitstorm folgt unmittelbar – und True Fruits keilt rotzfrech zurück. Warum das gut geht, lesen Sie hier.
Zuvorderst Aktivistinnen der Veganerbewegung Indyvegan protestieren gegen das ihrer Meinung nach sexistische Etikett. Kommunikationsberater würden sich in dieser Situation beeilen, die Situation zu deeskalieren, Verständnis zu zeigen und Änderungen am Etikett anzukündigen. Nicht so True Fruits. Die Firma bleibt ihrem Kurs treu und antwortet den Empörten:
Wir haben die Kommentare wahrgenommen und sie als völlig hirnrissigen Pseudo-Moralapostel-Bullshit eingestuft und nach langem Lachen entschieden, dass auch nur der Hauch einer ernsthaften Antwort die völlige Verschwendung wertvoller Lebensenergie wäre. Daher der kurze Rat an alle Jammerlappen: Wenn es euch nicht gefällt, geht! Aber erspart uns Euer Geseier, denn wir stehen total auf diesem Humor!
Das feuert die Veganer-Feministinnen erst recht noch an. Doch zugleich solidarisieren sich viele Menschen mit True Fruits. Auf Twitter sammeln sich Unterstützer unter dem Hashtag #schluckimdunkeln „Wie geil! Jetzt kann ich keine anderen Smoothies mehr kaufen“, begeistert sich ein Facebook-Nutzer. Ein anderer freut sich, dass „endlich mal eine Firma wirklich zu ihren Überzeugungen steht.“
Warum konnte True Fruits derart konfrontativ auf den Shitstorm reagieren, wo doch sonst immer zu Zurückhaltung geraten wird? Die Saftfirma präsentiert sich durchweg mit einer gewissen Prise Humor: Fans von True Fruits lieben das, und so nehmen sie es der Firma auch nicht übel, wenn sie weiter diesen Humor zelebriert. Anderen Unternehmen ohne dieses Auftreten im Markt würde so eine Reaktion schwerer fallen. True Fruits spricht aber auch einen Umstand an, der die Community vielfach nervt: Das Pseudo-Rummäkeln an vermeintlichen Fehltritten. Die moralische Messlatte wird von hyperventilierenden Aktivisten so hoch gelegt, dass selbst normale Umstände auf einmal kritikwürdig werden. Das hat True Fruits klar ausgesprochen – und sich damit Sympathie im Netz geschaffen.
Was lernen wir daraus? Wer mit überzogenen Moralvorstellungen im Web konfrontiert wird, darf das deutlich thematisieren und klare Kante zeigen. Vor einem Shitstorm muss man nicht immer ängstlich kuschen.
Jörg Forthmann