Rarität: Untersuchung zum Social-Media-Einsatz in der Logistik-Branche
Am Anbeginn der Entwicklung einer erfolgreichen Social-Media-Strategie steht erstmal Marktforschung. Dabei gilt es nicht nur, die bisherige Position des eigenen Unternehmens im Web 2.0 zu analysieren und die richtigen Kanäle zur Ansprache der eigenen Zielgruppe zu finden. Sondern man sollte sich auch umschauen, wie der Social-Media-Einsatz beim direkten Wettbewerb, in der eigenen Branche aussieht. Allgemeine Untersuchungen sind hier nur von eingeschränktem Wert, denn das Web 2.0-Umfeld ist in jeder Branche unterschiedlich.
Deswegen freue ich mich immer wieder, wenn ich auf Studien stoße, die den Social-Media-Einsatz in einzelnen Branchen unter die Lupe nehmen. Wie die Untersuchung „Logistik trifft Kommunikation“ der PR-Agentur Ad Hoc und des Instituts für Angewandte Logistik (IAL) der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, die grundlegende Eckdaten zum Social-Media-Einsatz bei den „Top 100 der Logistik“ in Deutschland erhebt.
Die Pressemitteilung, durch die ich auf die Untersuchung aufmerksam wurde, fand ich zwar noch etwas dürftig – auch in einer kurzen PI sollte Platz genug für ein paar mehr konkrete Zahlen sein, und auch Basis-Informationen wie der Titel der Studie und wie viele Unternehmen an einer Umfrage teilgenommen haben, sollten nicht fehlen. Dennoch hat sie ihren Ur-Zweck erfüllt: Sie hat mich neugierig gemacht. Deswegen haben wir bei Ad Hoc nachgefragt, und zusätzliche Informationen bekommen, die das Bild abrunden. Vielen Dank.
„Logistik trifft Kommunikation“: Ergebnisse
Kernstück von „Logistik trifft Kommunikation“ ist eine Online-Umfrage, an der 47 der 100 führenden Logistik-Unternehmen in Deutschland teilgenommen haben. Die folgenden Ergebnisse sind damit nicht vollkommen repräsentativ, aber durchaus starke Trendaussagen:
55,3 Prozent der Unternehmen, die an der Befragung teilgenommen haben, nutzen „mindestens einen Kanal des Social Webs für die interne oder externe Kommunikation“.
Der am meisten von den Logistikunternehmen genutzte Web-2.0-Dienst ist Xing:
83,3 Prozent der Unternehmen, die Social Media einsetzen (und konkrete Angaben zur Nutzung machen), nutzen das Business-Portal aktiv.
Auf den nächsten Plätzen folgen in großen Abständen Youtube (66,7 Prozent), Facebook (45,8 Prozent), und Xing-Konkurrent LinkedIn (41,7 Prozent).
Google+ hat mit 20,8 Prozent unter den Logistikern sogar noch weniger aktive Nutzer als Twitter mit 33,3 Prozent.
Kein anderer Web-2.0-Dienst erreicht eine zweistellige Nutzungsquote.
Als wichtigste Zielgruppe sehen die Logistikunternehmen nicht ihre Kunden, sondern potenzielle neue Mitarbeiter an, weshalb die Social-Media-Strategie der Logistiker in erster Linie auf Employer Branding ausgelegt ist.
Unter den befragten Logistik-Unternehmen, die Social Media nicht einsetzten (und nähere Angaben dazu machten) geben mit 42,1 Prozent die meisten als Grund an, dass sie ihre Zielgruppen über das Web 2.0 nicht erreichen können.
Non sequitur
So sehr ich mich über diese konkreten Zahlen freue – mit den Schlussfolgerungen der Autoren stimme ich nicht überein: „Onlinenetzwerke sind in der Logistik als Kommunikationskanal akzeptiert und verbreitet, sie werden aber nicht adäquat im Rahmen einer umfassenden Strategie genutzt.“ Besonders die starke Konzentration auf Xing und den geringen Einsatz von Facebook und Google+ sehen sie als Schwäche an.
Das sehe ich anders:
Die Logistik-Branche ist ein in erster Linie vom b2b-Geschäft geprägter Bereich. Die Einschätzung der Logistiker, dass ihre Kunden und Geschäftspartner hier eine Ansprache über andere Kommunikations-Kanäle als Facebook und Google+ erwarten, scheint mir ganz und gar nicht abwegig.
Wenn Kunden und Geschäftspartner eher nicht im Web 2.0 zu finden sind, rücken hingegen Bewerber schnell auf Platz Eins der Zielgruppen im Social Web. Und Employer-Branding ist ein sehr gutes Thema für Social Media, und Xing und LinkedIn (in Deutschland eher Xing) sind dafür genau die richtige Plattform, gern ergänzt durch Youtube-Videos.
Natürlich heißt das nicht automatisch, dass die Unternehmen der Logistik Branche in Deutschland mehrheitlich schon über eine perfekte passende Social-Media-Strategie verfügen, die sie auch adäquat umsetzen. Aber das Gegenteil, wie von Ad Hoc und IAL behauptet, geht aus den präsentierten Zahlen meiner Ansicht nach nicht hervor.